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Entscheid des Bundesstrafgerichts: RR.2020.331, RR.2020.332, RR.2020.333 vom 30.06.2022

Hier finden Sie das Urteil RR.2020.331, RR.2020.332, RR.2020.333 vom 30.06.2022 - Berufungskammer

Sachverhalt des Entscheids RR.2020.331, RR.2020.332, RR.2020.333


Urteilsdetails des Bundesstrafgerichts

Instanz:

Bundesstrafgericht

Abteilung:

Berufungskammer

Fallnummer:

RR.2020.331, RR.2020.332, RR.2020.333

Datum:

30.06.2022

Leitsatz/Stichwort:

Schlagwörter

Beschuldigte; Beschuldigten; Sprengstoff; Bundes; Gefährdung; Urteil; Absicht; Beruf; Berufung; Person; Zündung; Verfahren; Sprengstoffe; Personen; Apos;; Verfahren; Bundesgericht; Freiheitsstrafe; Gefahr; Verfahrens; Sinne; Täter; Verteidigung; Vorinstanz; Kammer; Böller; Bundesgerichts

Rechtskraft:

Zurzeit keine Rechtsmittel ergriffen

Rechtsgrundlagen des Urteils:

Art. 10 StPO ;Art. 11 StGB ;Art. 13 StPO ;Art. 130 StPO ;Art. 131 StPO ;Art. 132 StPO ;Art. 134 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 19 BV ;Art. 21 StPO ;Art. 22 StGB ;Art. 224 StGB ;Art. 225 StGB ;Art. 26 StPO ;Art. 32 BV ;Art. 34 StGB ;Art. 381 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 4 StGB ;Art. 40 StGB ;Art. 404 StPO ;Art. 418 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 422 StPO ;Art. 424 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 48 BGG ;Art. 49 StGB ;Art. 6 EMRK ;Art. 91 SVG ;

Referenz BGE:

103 IV 241; 104 IV 232; 115 IV 111; 127 IV 59; 134 IV 17; 134 IV 255; 134 IV 60; 136 IV 55; 136 IV 76; 143 IV 361; 143 IV 373; 144 IV 345; ;

Kommentar:

Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Bundesstrafgerichts

CA.2021.29

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: CA.2021.29

Urteil vom 30. Juni 2022 Berufungskammer

Besetzung

Richter Andrea Blum, Vorsitzende

Marcia Stucki und Olivier Thormann

Gerichtsschreiber Ömer Keskin

Parteien

Bundesanwaltschaft, vertreten durch Staatsanwältin des Bundes Sabrina Beyeler,

Berufungsführerin / Anschlussberufungsgegnerin / Anklagebehörde

gegen

1.       A., erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt Enrico Mattiello,

Berufungsgegner / Anschlussberufungsführer / Beschuldigter

2.       B., amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Andrea Caroni,

Berufungsgegner / Anschlussberufungsführer / Beschuldigter

Gegenstand

Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht; Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz

Berufung (teilweise) vom 19. Januar 2022 und Anschlussberufungen (teilweise) vom 10. sowie 11. Februar 2022 gegen das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2021.39 vom 16. Dezember 2021

Sachverhalt:

A. Prozessgeschichte

A.1 Anlässlich einer Verkehrskontrolle am 28. März 2018 auf der […]strasse in Z. wurde um 20.15 Uhr der Personenwagen des A. durchsucht. Hierbei konnte hinter dem Sitz unter anderem ein Minigrip mit Marihuana sichergestellt werden (BA pag. 10-02-0002).

A.2 Am 14. April 2018 konnte die Stadtpolizei St. Gallen beobachten, dass ein Knallkörper auf dem Areal der Ostschweizer Frühlings- und Trendmesse (OFFA) gezündet wurde. Daraufhin wurden die Tatverdächtigen, der Beschuldigte A. sowie B., auf den Polizeiposten verbracht und einvernommen (BA pag. 10-01-0002).

A.3 Gestützt auf die Ersuchen des Untersuchungsamts Altstätten SG vom 28. November 2019 betreffend die jeweiligen Verfahren gegen die beiden Beschuldigten wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB) sowie dasjenige gegen den Beschuldigten A. wegen Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) übernahm die Bundesanwaltschaft (nachfolgend: BA) die Verfahren am 13. Januar 2020 (BA pag. 02-01-0012 f.).

A.4 Mit Verfügung vom 29. Mai 2020 eröffnete die BA unter der Geschäftsnummer SV.19.1391 eine Strafuntersuchung gegen die Beschuldigten wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB) sowie in Bezug auf den Beschuldigten A. wegen Vergehen gegen das BetmG (Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) und vereinigte die in kantonaler Kompetenz zu verfolgenden Delikte in der Hand der Bundesbehörden (Art. 26 Abs. 2 StPO) (BA pag. 01-01-0002 ff.).

A.5 Am 17. August 2021 reichte die BA die Anklageschrift bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts (hiernach: Strafkammer) ein (TPF pag. 2.100.001 ff.). Die Hauptverhandlung vor der Strafkammer fand am 16. Dezember 2021 in Anwesenheit sämtlicher Parteien statt (TPF pag. 2.720.002).

A.6 Mit Urteil der Strafkammer SK.2021.39 vom 16. Dezember 2021 (den Parteien gleichentags mündlich eröffnet) wurde A. der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 2 StGB) sowie des Verstosses gegen das BetmG (Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) schuldig gesprochen und mit einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen à Fr. 40.00 unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren sowie einer Übertretungsbusse von Fr. 500.00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) bestraft. B. wurde der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 2 StGB) schuldig gesprochen und mit einer Übertretungsbusse von Fr. 500.00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) bestraft (TPF pag. 2.930.001 ff. sowie 2.720.008 ff.).

A.7 Mit Eingabe vom 21. Dezember 2021 meldete die BA bei der Strafkammer Berufung gegen das Urteil SK.2021.39 an (TPF pag. 2.940.001 f.). Das schriftlich begründete Urteil wurde den Parteien am 30. Dezember 2021 versandt und von der BA am 31. Dezember 2021 sowie von den Beschuldigten am 3. Januar 2022 postalisch entgegengenommen (CAR pag. 1.100.042).

B. Verfahren vor der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts

B.1 Im Nachgang an die Übermittlung des Urteils SK.2021.39, der Berufungsanmeldung und der Akten durch die Strafkammer an die Berufungskammer per 30. Dezember 2021 (CAR pag. 1.100.003 ff.) stellte die BA mit Berufungserklärung vom 19. Januar 2022 folgende Anträge (CAR pag. 1.100.046 ff.):

I.

1.         A. sei unter Gutheissung der Berufung schuldig zu sprechen:

-           der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB sowie

-           des Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG.

2.         A. sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten. Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei bedingt aufzuschieben unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren.

II.

1.         B. sei unter Gutheissung der Berufung schuldig zu sprechen:

-           der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB.

2.         B. sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten. Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei bedingt aufzuschieben unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren.

III.

1.         Die Auslagen der Strafverfolgungsbehörden des Kantons St. Gallen über Fr. 1'056.95 seien vollumfänglich A. aufzuerlegen.

2.         Die Auslagen der Strafverfolgungsbehörden des Kantons St. Gallen über Fr. 150.00 seien vollumfänglich B. aufzuerlegen.

3.         Die übrigen Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 7'595.90, zzgl. der vom Gericht festzulegenden Verfahrenskosten, seien vollumfänglich A. und B. je zur Hälfte unter solidarischer Haftung aufzuerlegen.

IV.

1.         Die amtliche Verteidigung von B. sei für ihre Aufwendungen in gerichtlich zu bestimmender Höhe aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

2.         B. sei im Falle einer Verurteilung zu verpflichten, diese Kosten dem Bund vollumfänglich zurückzuerstatten.

V.

             A. sei keine Parteientschädigung zuzusprechen.

Zudem beantragte die BA die Einholung eines ergänzenden Berichts beim Forensischen Institut Zürich (nachfolgend: FOR) zu dem aktenkundigen Video mit der Aufzeichnung des verfahrensgegenständlichen Vorfalls.

B.2 Mit Anschlussberufungserklärung vom 10. Februar 2022 liess der Beschuldigte B. folgende Anträge stellen (CAR pag. 2.100.002 ff.):

1.         Die erwähnten Punkte (der Schuldpunkt betreffend Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht [Art. 225 Abs. 2 StGB] gemäss Ziff. II.1 des Urteilsdispositivs; die Bemessung und der Vollzug der Strafe gemäss Ziff. II.2.-3. des Urteilsdispositivs; die Rückerstattungspflicht der Parteientschädigung durch den Beschuldigten gemäss Ziff. II.4. Abs. 2 des Urteilsdispositivs; die Auferlegung der Verfahrenskosten nach Ziff. III. des Urteilsdispositivs) seien aufzuheben;

2.         Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht im Sinne von Art. 225 Abs. 2 StGB freizusprechen:

3.         Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren. Insbesondere sei B. von der Pflicht zu befreien, die Hälfte der an RA Stephan Mullis geleisteten Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 4'367.80 zurückzuerstatten.

Im Übrigen wurde die Ablehnung des Beweisantrags der BA betreffend den ergänzenden Bericht durch das FOR begehrt.

B.3 Mit Anschlussberufung vom 11. Februar 2022 liess der Beschuldigte A. folgende Anträge stellen (CAR pag. 2.100.004 ff.):

1.         Die Berufungsanträge der Bundesanwaltschaft seien vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.         Das Urteil der Vorinstanz vom 16. Dezember 2021 sei in Bezug auf den Vorwurf der Gefährdung durch Sprengstoff und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 2 StGB) aufzuheben und A. sei diesbezüglich in Gutheissung der Anschlussberufung freizusprechen.

3.         Es seien die Kosten der Untersuchung des erstinstanzlichen Verfahrens sowie des Berufungsverfahrens von der Staatskasse zu tragen.

4.         A. sei für die Untersuchung, für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren eine angemessene Parteientschädigung (inkl. MWST) zu entrichten.

Auch von ihm wurde die Abweisung des Beweisantrags der BA betreffend Einholung eines Ergänzungsberichts beim FOR verlangt.

B.4 Mit Verfügung über Beweismassnahmen vom 12. April 2022 wurde der Beweisantrag der BA betreffend Einholung eines ergänzenden Berichts beim FOR abgewiesen. Zudem wurden im Hinblick auf die Berufungsverhandlung die Akten des gegen den Beschuldigten A. im Kanton Graubünden laufenden Strafverfahrens VV.2022.9/CV wegen BetmG-Vergehen sowie die aktuellen Straf- und Betreibungsregisterauszüge und Steuerunterlagen für beide Beschuldigte beigezogen (CAR pag. 6.200.001 ff.).

B.5 Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 27. Juni 2022, die am Sitz des Bundesverwaltungsgerichts in St. Gallen in Anwesenheit der Beschuldigten sowie deren Vertretungen und der BA stattfand, wurden die beiden Beschuldigten von Amtes wegen befragt (CAR pag. 7.200.002 sowie 7.200.003 f.). Die BA stellte anlässlich der Berufungsverhandlung folgende Anträge:

I.

1.         A. sei unter Gutheissung der Berufung schuldig zu sprechen:

-           der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB sowie

-           des Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG.

2.         A. sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten. Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei bedingt aufzuschieben unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren.

II.

1.         B. sei unter Gutheissung der Berufung schuldig zu sprechen:

-           der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB.

2.         B. sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten. Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei bedingt aufzuschieben unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren.

III.

1.         Die Auslagen der Strafverfolgungsbehörden des Kantons St. Gallen über Fr. 1'056.95 seien vollumfänglich A. aufzuerlegen.

2.         Die Auslagen der Strafverfolgungsbehörden des Kantons St. Gallen über Fr. 150.00 seien vollumfänglich B. aufzuerlegen.

3.         Die übrigen Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 7'595.90, zzgl. der vom Gericht festzulegenden Verfahrenskosten, seien vollumfänglich A. und B. je zur Hälfte unter solidarischer Haftung aufzuerlegen.

IV.

1.         Die amtliche Verteidigung von B. sei für ihre Aufwendungen in gerichtlich zu bestimmender Höhe aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

2.         B. sei im Falle einer Verurteilung zu verpflichten, diese Kosten dem Bund vollumfänglich zurückzuerstatten.

V.

             A. sei keine Parteientschädigung zuzusprechen.

Der Beschuldigte A. liess anlässlich der Berufungsverhandlung folgende Anträge stellen:

1.         Die Berufungsanträge der Bundesanwaltschaft seien vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.         Das Urteil der Vorinstanz vom 16. Dezember 2021 sei in Bezug auf den Vorwurf der Gefährdung durch Sprengstoff und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 2 StGB) aufzuheben und A. sei diesbezüglich in Gutheissung der Anschlussberufung freizusprechen.

3.         Es seien die Kosten der Untersuchung des erstinstanzlichen Verfahrens sowie des Berufungsverfahrens von der Staatskasse zu tragen.

4.         A. sei für die Untersuchung, für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren eine angemessene Parteientschädigung (inkl. MWST) zu entrichten.

Der Beschuldigte B. liess anlässlich der Berufungsverhandlung folgende Rechtsbegehren stellen:

1.         Die Berufung der Bundesanwaltschaft vom 19. Januar 2022 sei vollumfänglich abzuweisen.

2.         Das Urteil des Bundesstrafgerichts vom 16. Dezember 2021 i.S. B. (SK.2021.39) sei in den folgenden Punkten aufzuheben:

a.         den Schuldpunkt betreffend Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 2 StGB) gemäss Ziff. II.1. des Urteilsdispositivs;

b.         die Bemessung und den Vollzug der Strafe gemäss Ziff. II.2.-3. des Urteilsdispositivs;

c.          die Rückerstattungspflicht der Parteientschädigung durch den Beschuldigten gemäss Ziff. II.4 Abs. 2 des Urteilsdispositivs;

d.         die Auferlegung von Verfahrenskosten auf den Beschuldigten nach Ziff. III. des Urteilsdispositivs.

3.         Der Beschuldigte sei in Anwendung von Art. 224 Abs. 1 StGB vom Vorwurf der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht und in Anwendung von Art. 225 Abs. 1 und 2 StGB vom (impliziten) Vorwurf der Gefährdung ohne verbrecherische Absicht freizusprechen.

4.         Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren. Insbesondere sei B. von der Pflicht zu befreien, die Hälfte der an RA Stephan Mullis geleisteten Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 4'367.80 zurückzuerstatten.

B.6 Das Urteil wurde den Parteien am 30. Juni 2022 schriftlich im Dispositiv eröffnet.

Die Berufungskammer erwägt:

I. Formelle Erwägungen

1. Eintretensvoraussetzungen

Die Berufungsanmeldung und die Berufungserklärung der BA erfolgten jeweils fristgerecht (Art. 399 Abs. 1-3 StPO). Die Bundesgerichtsbarkeit ist im Zusammenhang mit den angeklagten Delikten (Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht i.S.v. Art. 224 Abs. 1 StGB sowie Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) vorliegend gestützt auf Art. 23 Abs. 1 lit. d und Art. 26 Abs. 2 StPO (Vereinigungsverfügung der BA vom 29. Mai 2020) gegeben. Die BA ist durch das vorinstanzliche Urteil (Schuldspruch mit milderer Bestrafung als beantragt) beschwert bzw. zur Berufung legitimiert (Art. 104 Abs. 1 lit. c und Art. 381 Abs. 1 StPO). Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts ist somit in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen für die Beurteilung der vorliegenden Berufung und der Anschlussberufungen örtlich und sachlich zuständig (Art. 21 Abs. 1 lit. a StPO; Art. 33 lit. c, Art. 38a und Art. 38b StBOG). Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Entsprechend ist auf die Berufung einzutreten.

2. Verfahrensgegenstand und Kognition (reformatio in peius möglich)

Die Berufungsinstanz hat das erstinstanzliche Urteil im Rahmen der angefochtenen Punkte umfassend zu überprüfen (Art. 398 Abs. 2 und Art. 404 Abs. 1 StPO). Die Rechtsmittelinstanz verfügt im Berufungsverfahren grundsätzlich über volle Kognition (Art. 398 Abs. 3 StPO). Die Berufung der BA richtet sich gegen die jeweiligen Schuldsprüche nach Art. 225 Abs. 2 StGB, die jeweilige Strafe sowie die Kosten-/Entschädigungsfolgen. Beide Beschuldigten fechten mit Anschlussberufung die jeweiligen Schuldsprüche nach Art. 225 Abs. 2 StGB, die Strafen sowie Kosten-/Entschädigungsfolgen an. Damit ist das angefochtene Urteil bezüglich Schuldspruch, Strafe und Kosten- und Entschädigungsfolgen umfassend zu überprüfen und das Verschlechterungsverbot (vgl. Art. 391 Abs. 2 StPO) kommt vorliegend diesbezüglich nicht zur Anwendung. Mangels Anfechtung des Schuldspruchs gegen A. betreffend BetmG-Delinquenz (Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) inkl. die entsprechenden Einziehungen, sind diese in Rechtskraft erwachsen und bilden nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens, ausser im Zusammenhang mit der Strafzumessung. Ebenfalls nicht angefochten sind die Dispositivziffern I.4 und II.3 (Bestimmung des Vollzugskantons) sowie die Dispositivziffer IV (Beschlagnahmte Gegenstände) des Urteils SK.2021.39. Demnach sind auch diese in Rechtskraft erwachsen.

II. Materielle Erwägungen

1. Anklagevorwurf / Standpunkt der Beschuldigten / vorinstanzliches Urteil

1.1 Die BA wirft den Beschuldigten A. und B. vor, am 14. April 2018 um 22:33 Uhr auf dem Aussenbereich der OLMA-Messen, während der Frühlings- und Trendmesse OFFA, gemeinsam einen pyrotechnischen Gegenstand gezündet und diesen anschliessend in die Menschenmenge geworfen zu haben. Hierbei habe A. seinen Kollegen B., der drei pyrotechnische Gegenstände der Marke «Color Thunder King» auf sich getragen habe, um einen pyrotechnischen Gegenstand gebeten. Er habe diesen von ihm auch erhalten und ihn anschliessend in der Hand gehalten, als der Beschuldigte B. diesen angezündet habe. Das Gehäuse des pyrotechnischen Gegenstands sei in der Hand von A. verblieben, wobei die angezündete Ladung ca. 20 bis 30 m weit weg, schräg nach vorne in Richtung der Leute beim Messeeingang in die Luft hochgeschossen und in der Nähe von Messeständen an der Jägerstrasse, dem OFFA-Stand Schützengarten sowie dem Messestand D. in ca. 10 bis 20 m Distanz über den Köpfen von diversen Messebesuchern mit einem ohrenbetäubenden Knall umgesetzt sei. Beim Anzündvorgang habe sich A. in der Menschenmenge im Freien bei den mobilen Toiletten auf dem Messegelände befunden, sei aufrecht gestanden, habe das Feuerwerksrohr nach oben gehalten, damit in die Luft gezielt und sich weder nach links noch nach rechts umgesehen. Durch die unsachgemässe Verwendung sei es ihm weder möglich gewesen, die effektive Wurfbahn noch den Detonationsort des pyrotechnischen Gegenstands zu kontrollieren. Hierbei sei B. in ca. einer Armlänge Distanz von ihm gestanden. Die damalige Freundin von B., C., habe sich in einer Entfernung von ca. 5 m befunden. Mindestens drei Messebesucher im Bereich der mobilen Toiletten hätten sich in einer Entfernung von 20 bis 30 m zu den beiden Beschuldigten aufgehalten. Durch den unsachgemässen Einsatz des pyrotechnischen Gegenstandes hätten die Beschuldigten eine gefährliche Situation mit hohem Verletzungspotential geschaffen. So seien durch die Explosion desselben, Personen, die sich innerhalb eines Radius von 15 bis 25 m vom Umsetzungs- bzw. Detonationspunkt auf dem freien Messegelände der OFFA befunden hätten, d.h. die beiden Beschuldigten, C., drei sich bei den mobilen Toiletten aufhaltende Personen sowie eine nicht näher bekannte Anzahl weiterer Messebesucher im relevanten Radius an Leib und Leben gefährdet worden. Es sei lediglich dem Zufall geschuldet, dass diese keine potentiell schweren Körperverletzungen erlitten hätten. Die Beschuldigten hätten gewusst, dass sich auf dem Messegelände im Freien viele Menschen aufhielten und den pyrotechnischen Gegenstand wissentlich unsachgemäss verwendet (Nichteinhalten von Abstandsvorschriften). Ihnen sei zudem bewusst gewesen, dass durch den unsachgemässen Einsatz Flugrichtung und Detonationsort der Bombette mit dem Blitzknallsatz nicht kontrollierbar gewesen seien und dadurch bei Menschen erhebliche Verletzungen in Kauf genommen. Die Beschuldigten hätten mithin wissentlich und willentlich sowie in verbrecherischer Absicht gehandelt (TPF pag. 2.100.003 ff.).

1.2 Die beiden Beschuldigten sind bezüglich des angeklagten Sachverhalts grundsätzlich geständig. Anders als in der Anklage behauptet habe jedoch A. den Böller nicht in die Menschenmenge geworfen, sondern aus der Hand senkrecht (ca. in einem 80° bis 90°-Winkel) nach oben abgefeuert, wo er unter freiem Himmel 20 – 30 Metern über dem Boden in der Luft detoniert sei. Die Abstände zu den anwesenden Personen seien eingehalten worden. Die Flugbahn sei nicht geneigt gewesen und es sei niemand geschädigt oder verletzt worden (vgl. Urteil SK.2021.39 E. 4.1.1; BA pag. 13-01-0020).

1.3 Die Vorinstanz erachtete den äusseren Anklagesachverhalt unter dem Vorbehalt als erstellt, dass der pyrotechnische Gegenstand «Color Thunder King» von keinem der Beschuldigten in eine Menschenmenge «geworfen» worden, sondern vom Beschuldigten A. in der Hand gehalten und vom Beschuldigten B. angezündet worden sei, woraufhin die Bombette den Blitzknallsatz senkrecht mit leichter Neigung in die Luft freigesetzt habe. Das gemeinsame, arbeitsteilige Vorgehen der Beschuldigten wurde bejaht (vgl. Urteil SK.2021.39 E. 4.1.3). Gemäss Kurzbericht des FOR vom 31. August 2020 gehöre der tatgegenständliche Color Thunder King (Nettoexplosivmasse 5.4 g) in die Kategorie F3 der Feuerwerkskörper, deren Abgabe an Minderjährige verboten sei, wobei die Sicherheitsabstände 15 bis 25 m betragen würden. Da sich beim Abfeuern des Böllers im Radius von 10 m noch mindestens 5 weitere Personen – die genaue Zahl habe nicht rekonstruiert werden können – aufgehalten hätten, sei von einer unsachgemässen Verwendung zum Zwecke der Zerstörung im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB auszugehen. Die Vorinstanz bejahte bei beiden Beschuldigten aufgrund der Art der Zündung des Böllers den Gefährdungsvorsatz (mindestens Eventualvorsatz), verneinte jedoch beidseits eine verbrecherische Absicht und erachtete entsprechend Art. 225 StGB als anwendbar. Aufgrund der Art der Zündung und der Explosion in genügender Höhe im Freien, die zu keinen Sach- oder Personenschäden geführt hätten, stufte sie den Vorfall im Sinne von Art. 225 Abs. 2 StGB als leicht ein (vgl. Urteil SK.2021.39 E. 4.2-4.4.4).

2. Massgeblicher Sachverhalt

Gemäss Art. 10 Abs. 3 StPO geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus, wenn unüberwindliche Zweifel daran bestehen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat erfüllt sind. Diese Bestimmung konkretisiert den verfassungsmässigen Grundsatz der Unschuldsvermutung («in dubio pro reo»; Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK). Sie verbietet es, bei der rechtlichen Würdigung eines Straftatbestands von einem belastenden Sachverhalt auszugehen, wenn nach objektiver Würdigung der gesamten Beweise ernsthafte Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt tatsächlich so verwirklicht hat, oder wenn eine für die beschuldigte Person günstigere Tatversion vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden kann. Auf der anderen Seite kann keine absolute Gewissheit verlangt werden; abstrakte und theoretische Zweifel sind kaum je ganz auszuräumen (BGE 144 IV 345 E. 2.2.1 mit weiteren Hinweisen). Der Nachweis kann mittels direkten oder indirekten Beweises erbracht werden. Bei Letzterem (sog. «lndizienbeweis») wird aus bestimmten Tatsachen, die nicht unmittelbar rechtserheblich, aber bewiesen sind (Indizien), auf die zu beweisende, unmittelbar rechtserhebliche Tatsache geschlossen. Eine Mehrzahl von Indizien, welche für sich alleine nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die Täterschaft oder die Tat hinweisen, können in ihrer Gesamtheit ein Bild erzeugen, das bei objektiver Betrachtung keine Zweifel bestehen lässt, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat (Urteil des Bundesgerichts 6B_1427/2016 vom 27. April 2017 E. 3 mit weiteren Hinweisen; Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2018.26 vom 9. August 2018 E. 3.4.4.4). Der Indizienbeweis ist dem direkten Beweis gleichgestellt (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.4; Urteil des Bundesgerichts 6B_360/2016 vom 1. Juni 2017 E. 2.4; BGE 143 IV 361 sowie Urteil des Bundesgerichts 6B_332/2009 vom 4. August 2009 E. 2.3; je mit Hinweisen). Sachverhaltsalternativen sind nur zu prüfen, wenn die Indizienlage widersprüchlich oder ambivalent ist (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.7).

2.1 Beweismittel

2.1.1 Neben Aussagen der Beschuldigten und der Zeugin C. (vgl. infra E. II.2.1.4), erscheint dem Gericht besonders die von der Zeugin C. aufgenommene Videosequenz des Vorfalls einschlägig (BA pag. 13-02-0037).

2.1.2 Aussagen des Beschuldigten A.

2.1.2.1 Die Aussagen des Beschuldigten A. im Vorverfahren und vor Vorinstanz lauten sinngemäss und im Wesentlichen wie folgt: Er habe sich mit seinen Kollegen damals aus Partygründen zum OFFA-Gelände begeben, wobei B. zwei oder drei Böller dabeigehabt habe. B. habe ihm ohne spezielle Bemerkung einen Böller in die Hand gedrückt. Er selber habe diesen einzigen Böller dann aus der Hand abgefeuert. Dieses Feuerwerk habe er aus früheren Zeiten (1. August und Silvester) gekannt, da er es schon «hunderte Male» abgefeuert hätte. Er sei davon ausgegangen, gewusst zu haben, was passieren würde. B. habe den von ihm (A.) in der Hand gehaltenen Böller angezündet. Die Zündung sei jedoch vorgängig nicht geplant gewesen, sondern aus einer Spontanaktion resultiert, wobei Alkohol eine Rolle gespielt habe. Er habe nicht gewollt, dass der Böller die Menschenmenge treffe, weshalb er ihn mit einer Armlänge Abstand in einem 80° bzw. 90°-Winkel nach oben in die Luft geschossen habe, wo er unter freiem Himmel in 20-30 Meter Höhe detoniert sei, wo es niemanden habe treffen können. Dass er den Böller in die Menschenmenge geworfen habe, sei klar unzutreffend. Sie hätten Sicht in Richtung Schützengartenstand und Moststube gehabt und daher einschätzen können, dass niemand in unmittelbarer Nähe gestanden habe und entsprechend gefährdet gewesen wäre. Er erinnere sich nicht mehr genau, ob er sich im Moment der Zündung Gedanken gemacht habe, dass möglicherweise Personen gefährdet werden könnten. Durch das fast senkrechte Abfeuern in die Luft sei er davon ausgegangen, dass gerade keine solche Gefährdung bestehe (er habe aus seinem Blickfeld die ganze Umgebung gesehen) – dies auch aufgrund seiner Erfahrung bzw. Übung mit der Zündung dieser Art von Feuerwerk. Er habe nicht damit gerechnet, dass daraus ein so grosses Verfahren entstehen würde bzw. dass es «so grob» ausgehen könnte (BA pag. 13-01-007, 0017, 0022 ff. und 0027; TPF pag. 2.731.004 und 006 f.).

2.1.2.2 Anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigte er seine bisherigen Aussagen und präzisierte diese dahingehend, dass die Idee zur Zündung wohl von beiden gekommen sei, vermutlich aus Spass, wobei er sich jedoch nicht mehr genau an das Motiv erinnere. Bei seinen vorherigen Erfahrungen mit dem Zünden von «Thunder Kings» an 1. August und Silvester habe er den Böller mehrheitlich vom Boden aus, jedoch auch schon aus der Hand gezündet, insgesamt schon ca. 40 bis 50 Male. Andere pyrotechnische Gegenstände habe er auch schon gezündet, meist auf offenem Feld in der Umgebung von Z. oder vor dem Haus auf einer Privatstrasse. Er sei sich der Sicherheitsmassnahmen (Abstände, Zündung vom festen Boden aus) und der grundsätzlichen Gefährdung von Menschen und Sachen durchaus bewusst gewesen. Er habe bei der Zündung aber gerade in die Luft gezielt und nicht auf Personen oder Gegenstände, sodass nichts hätte passieren können (CAR pag. 7.401.005 – 010).

2.1.3 Aussagen des Beschuldigten B.

2.1.3.1 Der Beschuldigte B. äusserte sich im Vorverfahren, vor Vorinstanz und anlässlich der Berufungsverhandlung sinngemäss und im Wesentlichen wie folgt: Er habe damals auf dem Weg an die OFFA zufällig drei Böller mit sich getragen. Seinem Kollegen A. habe er damals einen solchen auf dessen Verlangen hin ohne zu zögern ausgehändigt. Dies sei eine Spontanaktion, ohne vorherige Planung gewesen. Er habe A., der ihn «ums Verrecken» habe zünden wollen noch gewarnt, diesen nicht in der Menschenmenge zu zünden. Da A. kein Feuer gehabt habe, habe er (B.) ihn in der Hand von A. angezündet. Er sei sich der Gefährlichkeit bewusst gewesen, im Umkreis von 6-8 Metern habe sich jedoch niemand aufgehalten, erst weiter vorne im Schützengarten und der Knall sei in ca. 10 – 20 Metern Höhe erfolgt. Es stimme klarerweise nicht, dass der Böller nach vorne gegangen sei. A. habe ihn senkrecht bzw. 80° leicht schräg in den Himmel hochgeschossen. Auch er kenne diese Art Feuerwerkskörper von früher, hätte ihn bereits verwendet, kenne die Warnhinweise und Sicherheitsabstände bei Zündung und sei sich der grundsätzlichen Gefährdung für Menschen und Sachen bewusst. Aufgrund der Zielrichtung gegen oben sei eine Verletzungsgefahr jedoch ausgeschlossen gewesen (BA pag. 13-02-0001 f.; TPF pag. 2.732.004 - 007).

2.1.3.2 Anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigte B. seine Aussagen und präzisierte diese dahingehend, dass er auch zuvor schon zusammen mit A. am 1. August und Silvester derartige Böller gezündet habe. Die im Video von C. ersichtlichen Personen (seines Erachtens in mehr als 10 Meter Distanz daneben bzw. nach vorne) habe er damals nicht gesehen. Nach dem Anzünden habe er sich entfernt, um sich in Sicherheit zu begeben. Diese Art von Zündung aus der Hand durch A. sei vorher nicht so abgesprochen gewesen. Er halte das für gefährlich und würde das selber so nicht machen, aus Angst vor dem Brennen, der Zündschnur und den Funken. Er sei dann zwar davon ausgegangen, dass A. den Böller aus der Hand zünden würde, einen Warnhinweis habe er ihm aber nicht gegeben. Dadurch, dass der Böller senkrecht in die Luft gegangen sei, seien seines Erachtens Personen- oder Sachschäden ausgeschlossen gewesen. Mit seiner Erfahrung habe A. gewusst, wohin er schiessen müsse, um niemanden zu verletzen (CAR pag. 7.402.005 - 010).

2.1.4 Aussagen und Darstellung der Zeugin C.

2.1.4.1 Zeugin C. gab anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung an, mit den Beschuldigten mit dem Zug zur OLMA gefahren zu sein, wobei sie unterwegs auch schon etwas getrunken hätten. Dann hätten sie sich mit anderen Freunden auf dem Vorplatz der OLMA-Halle getroffen. Sie hätten sich verabredet, um etwas Alkohol zu trinken. Irgendwann sei es dann zu diesem Vorfall gekommen, da sich die beiden Beschuldigten dazu entschlossen hätten, diesen Böller zu zünden. Sie habe gewusst, dass B. Böller auf sich getragen habe, aber es sei eine «spontane Sache» gewesen. Sie habe das Ereignis gefilmt, weil sie es damals als lustige Idee gefunden habe, davon ein Video zu drehen. Der Böller sei gerade in den Himmel hochgegangen bzw. gerade nach oben geflogen. Die Ausschussbombette sei dabei senkrecht gehalten worden, eine geneigte Flugbahn habe sie nicht festgestellt. Im Moment des Abfeuerns sei sie im Abstand von 5 bis maximal 10 Meter vor den beiden Beschuldigten gestanden. Im Umkreis seien nur vereinzelt fremde Personen gewesen, aber diese seien denn auch aus dem Weg gegangen. Es handle sich dabei um allerhöchstens fünf Personen, die ebenfalls im Abstand 5 bis 10 Meter entfernt gewesen seien. Wie viele Leute hinter ihr gestanden seien wisse sie nicht. Die Personen beim Schützengarten hätten sich 15 bis 20 Meter entfernt aufgehalten. Reaktionen auf die Zündung von anwesenden Personen habe sie nicht wahrgenommen (TPF pag. 2.761.003-006).

2.1.4.2 Aus der Skizzen-Zeichnung der Zeugin C. auf dem Fotoblatt anlässlich der Hauptverhandlung ist ersichtlich, dass der Blitzknallsatz nicht in Richtung Menschenmenge, sondern fast senkrecht nach oben in leichter Neigung geflogen sei (TPF pag. 2.721.023). Auf entsprechende Vorhalte hin hielt sie fest, dass sie im Vergleich zu den von den Beschuldigten auf dem Fotoblatt im Vorverfahren eingezeichneten Standorte, Detonationspunkte (Explosion) sowie Abstände bzw. Distanzen in ihrer Darstellung keine gravierenden Unterschiede erkenne (TPF pag. 2.761.006 f.).

2.2 Beweisergebnis

Aufgrund der Aussagen der Beschuldigten A. und B. sowie der Zeugin C. ist erwiesen, dass A. und B. anlässlich der Frühlings- und Trendmesse OFFA am 14. April 2018 um 22:33 Uhr auf dem Aussenbereich der OLMA-Messen gemeinsam den pyrotechnischen Gegenstand «Color Thunder King» zündeten. Im Sinne der vorinstanzlichen Feststellungen wurde der pyrotechnische Gegenstand von den Beschuldigten nicht in eine Menschenmenge «geworfen», sondern von A. senkrecht mit leichter Neigung aus der Hand nach oben abgefeuert, wo die Bombette den Blitzknallsatz in der Luft freisetzte. Beim Abfeuern hielt A. den Böller in der Hand, während B. ihn anzündete und sich dann entfernte. Es ist erstellt, dass die Beschuldigten bei der Zündung des Böllers gemeinsam handelten und arbeitsteilig vorgingen. Gestützt werden die Angaben der Beschuldigten sowie der Zeugin von der von ihr aufgenommenen Videosequenz des Vorfalls. Auf dieser ist ersichtlich, wie A. den von B. angezündeten Color Thunder King bis zur Detonation in der Hand hält. Dabei befindet er sich (aus Kameraperspektive betrachtet) rechts von den mobilen Toiletten. Auf der Grundlage der Aussagen der Zeugin C. ist nachgewiesen, dass sich im Umkreis des Zündungsortes mindestens fünf weitere Personen im Umkreis von 5 bis 10 Meter aufhielten. Auf der Videosequenz ist zudem ersichtlich, wie sich zwei Personen während des Zündungsvorgangs entfernen und sich eine zusätzliche Person in eines der nahen Toilettenhäuschen begibt. Anschliessend ist erkennbar, wie die Bombette den Blitzknallsatz senkrecht mit leichter Neigung in den Himmel freisetzt. Dabei lässt sich ebenfalls erkennen, dass sich der Arm des Beschuldigten A., mit welchem er den Color Thunder King hält, im Moment der Zündung wohl aufgrund des Rückstosses bewegt. Im Moment der Zündung ist ebenfalls ein Knall zu hören sowie danach das Johlen der drei Beteiligten (A., B., C.) (BA pag. 13-02-0037).

3. Rechtliche Würdigung: Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht nach Art. 224 StGB

Nach Art. 224 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer vorsätzlich und in verbrecherischer Absicht durch Sprengstoffe oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt.

3.1 Elemente des objektiven Tatbestands

3.1.1 Der Sprengstoffbegriff gemäss Art. 224 Abs. 1 StGB deckt sich im Wesentlichen mit dem Begriff im Bundesgesetz über explosionsgefährliche Stoffe vom 25. März 1977 (Sprengstoffgesetz, SprstG; SR 941.41). Als Sprengstoffe gelten gemäss Art. 5 Abs. 1 SprstG einheitliche chemische Verbindungen oder Gemische solcher Verbindungen, die durch Zündung, mechanische Einwirkung oder auf andere Weise zur Explosion gebracht werden können und die wegen ihrer zerstörenden Kraft, sei es in freier oder verdämmter Ladung, schon in verhältnismässig geringer Menge gefährlich sind. Darunter fallen Stoffe gemäss Art. 2 der Verordnung über explosionsgefährliche Stoffe vom 27. November 2000 (Sprengstoffverordnung, SprstV; SR 941.411). Nicht unter den Sprengstoffbegriff fallen Molotow-Cocktails (Brandwurfkörper) und Stoffe nach Art. 5 Abs. 2 lit. a SprstG (explosionsfähige Gase, Dämpfe von flüssigen Brennstoffen sowie andere Stoffe, die erst nach einer Vermischung mit Luft explodieren), lit. b (bei der Herstellung chemischer Produkte verwendete Hilfsstoffe oder entstehende Zwischenerzeugnisse, die explosionsgefährlich sind, aber diese Eigenschaft vor Abschluss des Produktionsverfahrens verlieren) und lit. c (explosionsfähige Erzeugnisse und Präparate, die nicht zu Sprengzwecken hergestellt und in den Handel gebracht werden). Die Definition in Art. 5 Abs. 1 SprstG gilt im Wesentlichen auch für die Art. 224-226 StGB, wobei das Merkmal der zerstörerischen Kraft entscheidend ist (BGE 104 IV 232 E. Ia; BGE 103 IV 241 E. I.1; Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2015.28 vom 7. April 2016 E. 4.1; Trechsel/Coninx, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl. 2021, Art. 224 StGB N. 2; Roelli, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 224 StGB N. 4). Feuerwerkskörper und andere gebrauchsfertige Erzeugnisse mit einem Explosiv- oder Zündsatz, die nicht zum Sprengen bestimmt sind, gelten als pyrotechnische Gegenstände (Art. 7 SprstG). Sie fallen nicht unter den Sprengstoffbegriff von Art. 5 SprstG. Pyrotechnische Gegenstände sind daher grundsätzlich nicht als Sprengstoff im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB zu qualifizieren. Ausgenommen sind Erzeugnisse, die besonders grosse Zerstörungen bewirken oder zum Zwecke der Zerstörung verwendet werden (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.5.1; 6B_1248/2017 vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5; 6B_299/2012 vom 20. September 2012 E. 2.2; BGE 104 IV 232 E. 1a; Urteile der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2017.17 vom 9. August 2017 E. 4.1.1; SK.2015.28 vom 7. April 2016 E. 4.2).

3.1.2 Art. 224 StGB ist ein konkretes Gefährdungsdelikt und setzt objektiv voraus, dass der Täter durch Sprengstoffe oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum konkret in Gefahr bringt (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.2.2; 6B_1248/2017 vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5; BGE 115 IV 111 E. 3b; 103 IV 241 E. I.1). Die konkrete Gefährdung ist gegeben, wenn eine Verletzung nicht nur möglich, sondern nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wahrscheinlich ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.2.2; BGE 103 IV 241 E. I.1). Massgebend sind die tatsächlichen Umstände des konkreten Falles. Die Gefahr muss nicht einer Mehrzahl von Personen oder Sachen von grosser Substanz gelten; es genügt die gezielte Gefährdung eines Menschen oder einer fremden Sache, aber gemäss der jüngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausschliesslich unter der Voraussetzung, dass sie nicht im Voraus individuell bestimmt, sondern vom Zufall ausgewählt ist. Die besondere Verwerflichkeit des gemeingefährlichen Delikts wird erst dadurch begründet, dass die Opfer unbeteiligte Drittpersonen sind, die nicht individuell ausgewählt wurden und für den Täter als Repräsentanten der Allgemeinheit erscheinen. Demnach muss die Unbestimmtheit nicht in der Zahl der betroffenen Rechtsgüter liegen, sondern darin, welche Rechtsgüter überhaupt in Gefahr geraten. Um die Allgemeinheit zu repräsentieren, müssen die Rechtsgüter vom Zufall ausgewählt sein, selbst wenn im Augenblick des Angriffs bereits feststeht, wen es treffen kann (Urteil des Bundesgerichts 6B_795/2021 vom 27. April 2022 E. 2 f.). Wie die Gefährdung zu erfolgen hat, umschreibt das Gesetz nicht. Für die Erfüllung des Tatbestandes genügt jeder wie auch immer geartete Umgang mit Sprengstoff oder giftigen Gasen, sofern nur der Gefährdungserfolg eintritt (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.2.2; 6B_1248/2017 vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5 mit Hinweisen). Allerdings ist bezüglich der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB angesichts der hohen Strafdrohung und des Umstands, dass der Tatbestand schon im Falle der Gefährdung einer einzigen, individuell bestimmten Person erfüllt sein kann, eine eher grosse Wahrscheinlichkeit der Verletzung von Leib, Leben sowie Eigentum und damit eine eher nahe Gefahr erforderlich (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.2.2; 6B_1248/2017 vom 21. Februar 2019 E. 4.4.2 mit Hinweisen).

3.2 Elemente des subjektiven Tatbestands

Der subjektive Tatbestand von Art. 224 Abs. 1 StGB setzt einerseits den Gefährdungsvorsatz und anderseits ein Handeln in verbrecherischer Absicht voraus («Doppelvorsatz»; Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.7.2).

3.2.1 Gefährdungsvorsatz

Der Gefährdungsvorsatz im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB liegt vor, sobald der Täter die Gefahr kennt und trotzdem handelt. Wer in diesem Bewusstsein handelt, will die Gefahr auch. Nicht erforderlich ist, dass der Täter die Verwirklichung der Gefahr, sei es auch nur eventuell, gewollt hat (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.2.3; 6B_1248/2017 vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5 und 4.5.3; 6B_913/2016 vom 13. April 2017 E. 1.1.1; 6B_1038/2009 vom 27. April 2010 E. 1.2, nicht publiziert in: BGE 136 IV 76, mit Hinweisen; BGE 103 IV 241 E. I.1).

3.2.2 Verbrecherische Absicht insbesondere (Unterscheidungsmerkmal zwischen Art. 224 und 225 StGB)

3.2.2.1 Nach allgemeinem Verständnis bezieht sich die verbrecherische Absicht auf das Handlungsziel des Täters. Dieses muss in der Verwirklichung eines (anderen) Verbrechens oder – über den Wortlaut hinaus – Vergehens bestehen; eine angestrebte Übertretung reicht dagegen nicht aus (Botschaft des Bundesrates vom 31. März 1924 an die Bundesversammlung über den Entwurf zu einem Bundesgesetz betr. den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen und giftigen Gasen [hiernach: Botschaft], BBl 1924 I 589, 596; Roelli, a.a.O., Art. 224 StGB N. 9; Trechsel/Coninx, a.a.O., Art. 224 StGB N. 7). Die verbrecherische Absicht besteht mithin darin, dass der Täter den Sprengstoff einsetzt, um vorsätzlich ein darüberhinausgehendes Verbrechen oder Vergehen zu verüben (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.2.3; 6B_1248/2017 vom 21. Februar 2019 E. 4.2.5). Das Bundesgericht stellte in seinem jüngsten Urteil allerdings fest, dass die Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts bezüglich Art. 224 StGB, insbesondere in der Frage nach der konkreten Gefährdung anhand der Individual- oder der Repräsentationstheorie, uneinheitlich sei (Urteil des Bundesgerichts 6B_795/2021 vom 27. April 2022 E. 2.5). Diese Uneinheitlichkeit lässt sich auch im Hinblick auf den subjektiven Tatbestandsmerkmal der verbrecherischen Absicht in der eventualvorsätzlichen Variante im Zusammenhang mit dem Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen, welche grosse Zerstörungen bewirken oder zum Zwecke der Zerstörung verwendet werden, feststellen. Aufgrund dessen bedarf es folgender präzisierender Ausführungen:

3.2.2.2 Die Sprengstofftatbestände von Art. 224 bis 226 StGB wurden vom früheren Sprengstoffgesetz vom 19. Dezember 1924 ins StGB übernommen. Der bundesrätliche Entwurf vom 31. März 1924 zu einem Bundesgesetz betr. den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen und giftigen Gasen (Botschaft, BBl 1924 I 589, 601 ff.) unterschied lediglich zwischen der vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase (Art. 1 des Entwurfs) und der fahrlässigen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase (Art. 3 des Entwurfs). Die geltende zusätzliche Unterscheidung zwischen der vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 StGB) bzw. ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 StGB) wurde vom Parlament ins Gesetz aufgenommen. Sie geht auf eine Intervention der Verbände der schweizerischen Sprengstofffabrikanten und der schweizerischen Baumeister zurück. Diese machten damals darauf aufmerksam, dass die Natur ihres Betriebs es mit sich bringe, dass Vorgesetzte und Arbeiter sich ununterbrochen vorsätzlich in Gefahr setzen. Sie wehrten sich dagegen, dass für sie der gleiche Strafrahmen gelten solle wie für Anarchisten und Bombenattentäter (Sten.Bull. 1924 N 587, 589; 1924 S. 391 f.; Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.7.2). Aus den parlamentarischen Beratungen geht hervor, dass der Gesetzgeber mit der Tatbestandsvoraussetzung der verbrecherischen Absicht verhindern wollte, dass auch Personen, die im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit an sich legal mit Sprengstoff umgehen (bspw. Leiter und Arbeiter von Sprengstofffabriken und Bauunternehmungen), dabei aber bewusst eine Gefahr für Leib und Leben Dritter schaffen, unter den Verbrechenstatbestand von Art. 1 des bundesrätlichen Entwurfs fallen und damit zwingend mit einer Zuchthausstrafe zu bestrafen sind (Sten.Bull. 1924 N 586 ff.; 1924 S. 391 ff.; Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.7.2). Als Beispiele wurde der Chemieprofessor erwähnt, der in seinem Labor im Hinblick auf eine bedeutende Erfindung ein gewagtes Experiment vornimmt, mit welchem er jedoch eine Lebensgefahr für Dritte schafft, oder der Arbeiter, der bei einer Wasserleitung im Graben eine Mine legt, danach im Wissen um die damit einhergehende Gefahr für Dritte jedoch seinen Arbeitsplatz verlässt (Sten.Bull. 1924 N 587; 1924 S. 392; Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.7.2).

3.2.2.3 Ziel der Unterscheidung zwischen der Tatbegehung in verbrecherischer Absicht bzw. ohne verbrecherische Absicht war es, Personen milder zu bestrafen, die nichts Schlechtes bzw. Übles tun wollten, in ihrem legitimen Beruf, z.B. in der Sprengstofffabrik selbst, in einem Unternehmen, wo mit Sprengstoff hantiert wird, oder in einem chemischen Laboratorium, jedoch Sprengstoffe gebrauchen und dabei bewusst eine Gefahr setzen (Votum Bundesrat Häberlin, Sten.Bull. 1924 N 591; Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.7.2). Der Gesetzgeber entschied sich daher einerseits für die Unterscheidung zwischen der verbrecherischen Handlung mit Doppelvorsatz (geltender Art. 224 StGB) und andererseits dem reinen Gefährdungsdelikt (geltender Art. 225 StGB) (Votum Bundesrat Häberlin, Sten.Bull. 1924 N 591; Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.7.2). Der Tatbestand der Gefährdung durch Sprengstoffe in verbrecherischer Absicht gelangt gemäss dem bundesrätlichen Votum zur Anwendung, wenn der Täter «in böser Absicht» mit Sprengstoff hantiert, auch wenn er vielleicht nur eine untergeordnete Bosheit im Sinne hatte, Spektakel machen oder eine Lausbuberei verüben wollte in seinem Dorf (Votum Bundesrat Häberlin, Sten.Bull. 1924 N 591; Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.7.2). Anlässlich der parlamentarischen Beratungen wurde verschiedentlich betont, dass mit verbrecherischer Absicht im Sinne von Art. 224 StGB auch handle, wer eine strafbare Handlung begehen wolle und dazu Sprengstoff gebrauche, nicht jedoch derjenige, der mit Sprengstoff an sich legal umgehe dabei aber wissentlich eine Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum Dritter schaffe (Voten Müller, Sten.Bull. 1924 N 592; Affolter, Sten.Bull. 1924 N 593 und 597; Lachenal, Sten.Bull. 1924 N 594 und 598; Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.7.2).

3.2.2.4 In verbrecherischer Absicht handelt nach der jüngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch, wer nicht rechtmässig und sachgerecht Sprengstoff einsetzt und dabei – aufgrund der gesetzten Gefahr – eventualvorsätzlich in Kauf nimmt, dass es zu einer Körperverletzung oder Sachbeschädigung kommt. Gestützt auf den Willen des historischen Gesetzgebers zieht das Bundesgericht die Schlussfolgerung, dass unter Art. 225 StGB fällt, wer bei einer rechtmässigen Handhabung von Sprengstoff z.B. zu industriellen oder Forschungszwecken Personen oder fremdes Eigentum gefährdet, aber nicht verletzen will. Zu denken ist dabei nicht nur an den Chemieprofessor, der in seinem Labor im Hinblick auf eine bedeutende Erfindung ein gewagtes Experiment vornimmt, mit welchem er jedoch eine Lebensgefahr für Dritte schafft, oder den Arbeiter, der eine Mine legt, sondern zum Beispiel auch an den Eigentümer, der ein ihm gehörendes Objekt (z.B. einen Wurzelstock) zur Beseitigung sprengen will und der dabei Leib, Leben oder Eigentum Dritter wissentlich gefährdet. Nicht auf Art. 225 StGB berufen kann sich demgegenüber, wer Leib, Leben oder Eigentum Dritter durch Sprengstoff ohne legalen Zweck einer konkreten Gefahr aussetzt, wenn er dabei in Kauf nimmt, dass es aufgrund der gesetzten Gefahr zu einer Körperverletzung oder Sachbeschädigung kommt. Auch wer mit dem eigentlichen Ziel handelt, Personen zu erschrecken, nicht jedoch zu verletzen, ist daher nach Art. 224 StGB und nicht nach Art. 225 StGB strafbar, wenn er durch die von ihm gesetzte Gefahr eine Verletzung von Person oder Eigentum eventualvorsätzlich in Kauf nimmt (Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.7.2 mit weiteren Hinweisen). Sodann handelt der Täter dem Bundesgericht zufolge mit verbrecherischer Eventualabsicht, wenn ihn die Aussicht auf den bloss möglichen, nicht sicheren Eintritt des Erfolges nicht von der bewussten und gewollten Begehung der Tat abhält (Urteile des Bundesgerichts 6B_79/2019 vom 5. August 2019 E. 1.2.3; 6B_1248/2017 vom 21. Februar 2019 E. 4.6.3 und 4.6.4).

3.2.2.5 Diese höchstrichterliche Rechtsprechung findet in der Lehre keine ungeteilte Zustimmung. Einerseits stösst die Auffassung, für die Annahme einer verbrecherischen Absicht genüge bereits Eventualabsicht, auf Kritik. Anderseits wird die Beschränkung möglicher Anwendungsfälle von Art. 225 StGB auf berufliche Tätigkeiten und auf «Unfälle» wegen unsachgemässer Handhabung nicht umfassend geteilt (Corboz, Les infractions en droit suisse II, 3. Aufl. 2010, Art. 225 StGB N. 7; Parein-Reymond/Parein/Vuille, Commentaire romand, 2. Aufl. 2017, Art. 225 StGB N. 5; Dupuis, Petit commentaire, 2017, Art. 225 StGB N. 10). Gemäss Dupuis soll Art. 225 StGB auch anwendbar sein, wenn der Täter mit der Tat herausfordern, überraschen oder schockieren will («[…] ou encore par défi, pour surprendre ou pour choquer»). Donatsch/Thommen/Wohlers vertreten die Ansicht, Art. 225 StGB sei ebenfalls auf denjenigen Täter anzuwenden, der etwa zum Vergnügen mit Sprengstoffen hantiert und dabei um die entstehende Gefahr weiss, ohne dabei jedoch weitergehende, verbrecherische Absichten zu hegen (Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV, Delikte gegen die Allgemeinheit, 5. Aufl. 2017, §10, S. 50).

3.2.2.6 Gemäss vorangehender Erörterung der in der Lehre kritisierten Rechtsprechung spitzt sich die Beurteilung, ob eine verbrecherische Absicht in der eventualvorsätzlichen Variante vorliegt oder nicht, auf die Frage nach der Rechtmässigkeit, aber insbesondere der Sachgerechtigkeit des Einsatzes des Sprengstoffs zu. Zur Illustration der durchzuführenden Abgrenzung führen sowohl der Gesetzgeber als auch das Bundesgericht verschiedene Fallkonstellationen an, auf die entweder Art. 224 StGB oder Art. 225 StGB angewendet werden sollen. Worin aber der Unterschied zwischen den angeführten Fallgruppen liegen soll und bei welchem Einsatz von Sprengstoff ein legaler bzw. illegaler Zweck verfolgt wird, wird allerdings weder vom Gesetzgeber noch vom Bundesgericht näher erklärt. Denn allen genannten Beispielen ist gemein, dass durch Hantieren mit Sprengstoff eine Gemeingefahr geschaffen wird und das jeweilige Verhalten von einer Gefährdungsabsicht getragen ist. Der unausgesprochene Unterschied zwischen den gegenübergestellten Fallkonstellationen liegt in der mitschwingenden Annahme, dass die Akteure in den Fällen, welche gemäss Gesetzgeber und Bundesgericht unter Art. 225 StGB fallen, wohl darum bemüht sein werden, trotz der von ihnen geschaffenen Gefahr keine weitergehenden und damit verbrecherischen Schädigungen zuzulassen bzw. geeignete Vorkehrungen zur Vorbeugung von Personen- und Sachschäden zu ergreifen. So wird der Chemieprofessor die Labormitarbeiter warnen, den Versuch nur im leeren Laboratorium durchführen, oder für sein Experiment das Gebäude gänzlich evakuieren lassen. Der Arbeiter, der eine Mine legt, wird das betroffene Gebiet absperren, seine Kollegen über die Sprengung informieren und diese sowie mögliche Passanten mit Aushängen zum Abstandhalten mahnen. Schliesslich wird der Eigentümer, der einen Wurzelstock auf seinem Grundstück sprengen will, die Nachbarn über Ort und Zeit der Sprengung in Kenntnis setzen und dafür besorgt sein, dass dank Einhaltung der Abstände zum Sprengungsort keinerlei Personen- oder Sachschäden verursacht werden. Hingegen wird diejenige Person, welche die Absicht hegt, mittels Sprengstoff Spektakel zu machen, Personen zu erschrecken oder eine Lausbuberei zu verüben, gerade keine Vorkehrungen zur Verhinderung der Gefahr ergreifen, weil sonst der Effekt des Spektakels verloren gehen, eine vorgewarnte Person sich nicht mehr erschrecken und dem Lausbubenstreich das Überraschungsmoment abhandenkommen würde.

3.2.2.7 a)  Das unausgesprochen gebliebene Unterscheidungskriterium bei der Beurteilung, ob der Einsatz von Sprengstoff im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung rechtmässig und insbesondere sachgerecht erfolgt ist oder nicht, ist demnach in der Frage danach zu erblicken, ob diejenige Person, welche die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase geschaffen hat, in Anlehnung an Art. 11 Abs. 2 lit. d StGB und der dazugehörigen Praxis zur Ingerenz einer Garantenstellung ähnlich mit allen zumutbaren Vorkehrungen dafür gesorgt hat, dass sich die von ihr geschaffene Gefährdung nicht als eine Verletzung verwirklicht (vgl. BGE 134 IV 255 E. 4.2.2). Dieses Verständnis findet ebenfalls eine Stütze in den Gesetzesmaterialien. Der Bundesrat hielt in seiner Botschaft an die Bundesversammlung im Hinblick auf den Begriff des «verbrecherischen Gebrauchs» im Zusammenhang mit dem Tatbestand «Herstellen, Verbergen, Weiterschaffen von Sprengstoffen und giftigen Gasen, Anleiten zum Herstellen» fest, dass der Staat von jedem, der mit Stoffen von solcher Gefährlichkeit, d.h. Sprengstoffe und giftige Gase, umgeht, eine Prüfungspflicht verlangen darf (Botschaft, BBl 1924 I 589, 596). Auch die Bundesversammlung anerkannte im Begriff der verbrecherischen Absicht inhärente Parallelen und die konzeptionelle Nähe zum Unterlassungsdelikt (Votum Lachenal, Sten.Bull. 1924 N 589). Damit fügt sich diese Auslegung ohne Weiteres in die aktuelle Systematik des Strafgesetzbuchs ein und die von der Lehre geäusserte Kritik hinsichtlich der Beschränkung möglicher Anwendungsfälle von Art. 225 StGB auf berufliche Tätigkeiten und auf «Unfälle» wegen unsachgemässer Handhabung erweist sich als teilweise berechtigt, als sich jedermann aufgrund der Verwendung bzw. Zündung von pyrotechnischen Gegenständen in die der Garantenstellung ähnlichen Position hineinmanövrieren kann.

b)  Die Verankerung des Begriffs der verbrecherischen Absicht im Gesetzestext durch die Bundesversammlung – dies lässt sich aus der Gesetzgebungsgeschichte ersehen (vgl. supra E. II.3.2.2.3) – bezweckte hauptsächlich, als Abgrenzungskriterium Verhaltensweisen, welche unbestrittenermassen als sozialadäquat eingestuft wurden, vom schwereren, in erster Linie auf Bombenattentäter und dergleichen zugeschnittenen Strafmass des Verbrechenstatbestands herauszunehmen. Beim Erlass dieser Strafbestimmungen konnte der historische Gesetzgeber insbesondere den heuer relativ einfachen Zugang zu pyrotechnischen Gegenständen und deren damit verbundene weite Verbreitung und Verwendung jedoch nicht voraussehen. Angesichts der geltenden Sprengstoffgesetzgebung hat die Verwendung bzw. Zündung von pyrotechnischen Gegenständen zwar grundsätzlich als sozialadäquates Verhalten zu gelten. Allerdings ist auch der Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen mit einem gewissen Gefahrenpotential verbunden, weshalb er auch streng reguliert ist. Dies kommt in der aktuellen Rechtsprechung insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass pyrotechnische Gegenstände vom Sprengstoffbegriff nur erfasst werden, wenn sie grosse Zerstörungen bewirken oder zum Zwecke der Zerstörung verwendet werden (vgl. supra E. II.3.1.1). Damit ist aber auch gesagt, dass die gesellschaftliche Duldung der Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen an die ordnungsgemässe Handhabung geknüpft ist. Es ist angezeigt, diesen Umstand bei der Beurteilung, ob eine verbrecherische Absicht im Einzelfall vorliegt, zu beachten. Dementsprechend muss die Verwendung bzw. Zündung von pyrotechnischen Gegenständen gemäss Gebrauchsanweisungen und Sicherheitsvorgaben erfolgen, um als ordnungsgemäss und somit als sozialadäquates Verhalten eingestuft zu werden. Hat in diesem Sinne eine Person, welche durch das Hantieren mit pyrotechnischen Gegenständen eine Gefahr herbeigeführt hat, sämtliche, geeignete, ihr zumutbare Vorkehrungen getroffen, welche die Verwirklichung der Gefahr verhindern sollen, ist der Einsatz von als Sprengstoff einzustufenden, pyrotechnischen Gegenständen im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als rechtmässig und sachgerecht zu betrachten. Es liegt sodann keine verbrecherische Absicht im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB vor. Diesbezüglich ist beispielsweise an den Familienvater zu denken, der anlässlich eines Gartenfests zum 1. August eine Vorführung mit pyrotechnischen Gegenständen für Familie und Freunde veranstaltet und dabei die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen trifft, d.h. beispielsweise sicherstellt, dass die Art der Zündung vorgabengemäss erfolgt, die Gäste den notwendigen Abstand zur Zündungsvorrichtung einhalten und die Nachbarn zeitig informiert werden. Verursacht der Familienvater dennoch eine Gefährdung von Leib und Leben bzw. von fremdem Eigentum, kann ihm keine verbrecherische Absicht vorgeworfen werden; ein Schuldspruch nach Art. 225 Abs. 1 StGB bleibt indessen möglich. Hat im Gegensatz dazu eine Person beim Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen keine hinreichenden Vorkehrungen zur Gefahrenabwehr getroffen, hat der Einsatz von als Sprengstoff einzustufenden, pyrotechnischen Gegenständen im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als unrechtmässig und nicht sachgerecht zu gelten. Folglich ist in einer solchen Konstellation die verursachte Gefährdung durch Sprengstoff in verbrecherischer Absicht gemäss Art. 224 StGB erfolgt.

4. Subsumtion

4.1 Im Hinblick auf den objektiven Tatbestand gilt es vorab zu klären, ob der vorliegend eingesetzte «Color Thunder King» als Sprengstoff im Sinne von Art. 224 StGB zu qualifizieren ist.

4.1.1 Gemäss Kurzbericht des FOR vom 31. August 2020 werden pyrotechnische Gegenstände zu Vergnügungszwecken in der Schweizer Identifikations-Nummer mit einem «V» für Vergnügungszwecke bezeichnet und nach den Kriterien von Anhang 1, Ziffer 2, SprstV, in die Kategorien F1-F4 eingeteilt. Beim Feuerwerksrohr handle es sich um ein Rohr auf einem Stützfuss, welches eine Treibladung und ein Bauteil (Bombette/Effektkörper) mit Verzögerung mit einem Blitzknallsatz enthalte, der nach Verlassen des Rohres in einer bestimmten Höhe über dem Boden explodiere. Beim Color Thunder King würden die Bombetten zusätzlich einen farbigen Leuchtsatz enthalten, welcher beim Aufstieg abbrenne. Feuerwerksrohre mit einem Blitzknallsatz würden in der Schweiz in die Kategorie F3 eingeteilt. Die Kategorie F3 umfasse Feuerwerkskörper, die eine mittlere Gefahr darstellten, die für die Verwendung in weiten, offenen Bereichen im Freien vorgesehen sind und deren Lärmpegel bei bestimmungsgemässer Verwendung die menschliche Gesundheit nicht gefährden. Feuerwerkskörper der Kategorie F3 dürfen nicht an Personen unter 18 Jahren abgegeben werden (Art. 7 und Anhang 1, Ziffer 2.3 SprstV) (BA pag. 11-03-0005).

4.1.2 Die grösste Gefahr bei einem Feuerwerksrohr gehe von der ausgeschossenen Bombette aus. Diese enthalte einen Blitzknallsatz. Blitzknallsätze seien sehr energiereiche pyrotechnische Systeme mit hoher Reaktionsgeschwindigkeit. Dementsprechend gross seien Explosionsdruck und Knalleffekt. Für das Ausmass der Gefährdung sei die Distanz zum Explosionspunkt entscheidend. Direkt anliegend oder unter Einschluss – sogenannt verdämmt – sei die Wirkung am grössten. Es bestehe ein erhebliches Verletzungs- bzw. Zerstörungspotenzial. Aufgrund des hohen Schalldrucks könne es insbesondere zu einem Gehörtrauma kommen. Die Zerstörungskraft nehme mit zunehmender Distanz rasch ab. In der Nähe von Glas, Metall etc. könnten sich durch die Explosion des pyrotechnischen Gegenstandes zudem Splitter resp. Scherben bilden und weggeschleudert werden. Diese könnten auch über eine grössere Distanz zusätzlichen Schaden anrichten oder Personen verletzen. Weiter könne der Effektkörper durch thermische Reaktionen und durch kinetische Energie beim Aufprall Schäden verursachen. Die thermischen Einflüsse könnten auf der Haut eines Menschen beträchtliche Verletzungen oder im Auge irreversible Schädigungen verursachen. Die kinetische Energie hänge von der Geschwindigkeit im Quadrat und dem Eigengewicht des auftreffenden Effektkörpers ab. Bei einem Treffer sei mit Blutergüssen am Körper oder dem Verlust eines Auges zu rechnen. Die Sicherheitsabstände der drei vorliegend in Frage kommenden pyrotechnischen Produkte mit einer Schweizer Identifikationsnummer bezögen sich auf Zuschauer, Gebäude und brennbare Materialien. Die Werte der beschriebenen «Thunder King»-Varianten lägen zwischen 15 m und 25 m. Da bei einem vorschriftsgemäss abgebrannten Feuerwerksrohr der Effektkörper nach oben ausgeschossen werde, vergrössere sich der Abstand zum Publikum zusätzlich. Dadurch werde gewährleistet, dass die vorgeschriebenen Schallgrenzwerte eingehalten würden und die menschliche Gesundheit nicht gefährdet werde. Bei der korrekten Anwendung aller aufgeführten Produkte dürften diese nur im Freien verwendet werden, sich keine Hindernisse (insbesondere Körperteile) über der Mündung befinden und das Feuerwerksrohr müsse auf einem festen, ebenen Boden stehen, um ein Umkippen zu vermeiden (BA pag. 11-03-0006 f.).

4.1.3 Gemäss den dem FOR zur Verfügung stehenden Unterlagen sei der «Color Thunder King» nach dem Aktivieren der Anzündlitze Richtung Menschenansammlung geworfen und es sei damit gegen fundamentale Sicherheitsregeln verstossen worden. Der Feuerwerkskörper sei so eingesetzt worden, dass eine gefährliche Situation mit hohem Verletzungspotential geschaffen worden sei. So seien die Sicherheitsabstände nicht für ein solches Vorgehen ausgelegt. Wo das Feuerwerksrohr ausschiesse und wo die Bombette mit dem Blitzknallsatz zur Umsetzung gelange, könne nicht vorhergesagt werden (BA pag. 11-03-0007). Diese Feststellungen des FOR sind in Übereinstimmung mit der Vorinstanz insoweit zu korrigieren, als der pyrotechnische Gegenstand von keinem der Beschuldigten «geworfen» wurde, sondern vom Beschuldigten A. in der Hand gehalten und vom Beschuldigten B. angezündet wurde, woraufhin die Bombette den Blitzknallsatz in der Luft freisetzte (vgl. supra E. II.2.2).

4.1.4 Der von den Beschuldigten verwendete pyrotechnische Gegenstand «Color Thunder King» verfügt über eine Nettoexplosivmasse (NEM) von ca. 5,4 g (BA pag. 11-03-0001). Er kann somit bei entsprechender Verwendungsart die bereits oben erwähnten Verletzungen verursachen (hierzu BA pag. 11-03-0006).

4.2 Im Einklang mit den Erkenntnissen der Vorinstanz und aufgrund der Aussagen der beiden Beschuldigten sowie der Zeugin C., des Amtsberichts des FOR und des Videos ist erstellt, dass A. den von B. angezündeten pyrotechnischen Gegenstand «Color Thunder King» bis nach der Zündung in der Hand hielt. Aus der Aufnahme geht hervor, wie sich zwei Personen während des Zündungsvorgangs entfernen und sich eine zusätzliche Person in eines der Toilettenhäuschen begibt. Der vom FOR für diesen Gegenstand als notwendig erachtete Sicherheitsabstand von 20 bis 25 Metern wurde von den Beschuldigten bei weitem nicht eingehalten (BA pag. 11-03-0007). Der Abstand von 8 Metern, welcher gemäss Hersteller für den Anwender gilt und sich damit auf die Eigengefährdung bezieht, ist vorliegend indessen für die Beurteilung, ob eine Gefährdung von Personen und Eigentum durch Sprengstoff vorliegt, nicht einschlägig (BA pag. 11-03-0006). Gemäss Zeugin C. befanden sich innerhalb eines Radius von 10 Metern von der Gefahrenquelle während der Anzündung des pyrotechnischen Gegenstands mindestens 5 weitere Personen, was durch die von ihr aufgezeichneten Aufnahmen zumindest für drei Personen bestätigt wird. Wie die Vorinstanz korrekt festhielt, lässt sich zwar nicht mehr rekonstruieren, wie viele Personen genau sich unterhalb des Detonationspunktes bzw. -ortes befanden, als der Blitzknallsatz in der Luft explodierte. Allerdings ist immerhin die Gefährdung für die auf der Aufnahme ersichtlichen Personen rechtsgenüglich sowie für die Zeugin C. selbst nachgewiesen. An dieser Feststellung vermag der Umstand, dass der vertikale Sicherheitsabstand nicht mehr nachvollzogen werden kann, nichts zu ändern. Durch die unvermittelte Zündung des pyrotechnischen Gegenstandes durch die Beschuldigten bestand für die in der Aufnahme zu sehenden Personen, die Zeugin C. sowie die Sachen/Gegenstände, die diese Personen auf oder bei sich trugen, eine konkrete Gefährdung. Aufgrund der Umstände der Zündung des pyrotechnischen Gegenstands, d.h. ohne Beachtung der (horizontalen) Sicherheitsabstände von (mindestens) 20-25 Metern und der nicht bestimmungsgemässen Zündung (in der Hand statt auf festem, ebenem Boden), ist in objektiver Hinsicht eine Verwendung des «Color Thunder King» zum Zwecke der Zerstörung zu bejahen. Der Einwand der beiden Beschuldigten, wonach es keine Rolle spiele, ob der Böller aus der Hand oder vom Boden gezündet werde (vgl. CAR pag. 7.200.013 sowie 7.300.025), läuft ins Leere, stellt doch die Zündung aus der Hand gerade keine sachgerechte Handhabung des pyrotechnischen Gegenstands dar, zumal der Arm des Beschuldigten A., mit welchem er den Color Thunder King hält, im Moment der Zündung wohl aufgrund des Rückstosses bewegt (vgl. supra E. II.2.2). Von einer Herrschaft über den Vorgang kann daher nicht die Rede sein. Es steht demzufolge fest, dass so, wie die Beschuldigten den pyrotechnischen Gegenstand einsetzten, es sich um Sprengstoff im Sinne von Art. 224 Abs. 1 StGB handelt. Es ist der Vorinstanz, unter Verweis auch auf deren Erwägungen, zuzustimmen, dass der objektive Tatbestand von Art. 224 Abs. 1 StGB erfüllt ist.

4.3 Aufgrund der gesamten Umstände ist im weitgehendem Einklang mit den Erwägungen der Vorinstanz für das Gericht erwiesen, dass A. und B. gemeinsam bewusst und gewollt einen pyrotechnischen Gegenstand des Typs «Color Thunder King» verwendeten und zur Umsetzung brachten. Die Idee zur Zündung entstand bei ihnen gemeinsam. Beide Beschuldigte nehmen für sich in Anspruch, über eine gewisse bzw. bisweilen grosse Erfahrung im Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen wie den «Thunder King» zu verfügen. Ihnen war überdies, wie allgemein bekannt, bewusst, dass bei der Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen ein Mindestabstand und weitere Regeln zum Schutz umstehender Personen zu beachten sind. Zwar gaben beide an, dass sie im Moment der Zündung die Übersicht über die Lage gehabt hätten, allerdings wollen sie die drei, auf dem von Zeugin C. aufgezeichneten Video ersichtlichen Personen, welche sich (wie C. selber) in unmittelbarer Nähe und damit innerhalb des konkreten Gefahrenperimeters von 20-25 Metern befanden, wiederum nicht bemerkt haben. Beide kannten mithin die Gefahr und handelten trotzdem, ohne wirklich die Lage überblickt zu haben. Nach dem Gesagten ist erstellt, dass die Beschuldigten einen legal erwerbbaren pyrotechnischen Gegenstand nicht bestimmungsgemäss einsetzten und damit bewusst eine gefährliche Situation mit hohem Verletzungspotential schufen. Sie wussten und nahmen in Kauf, mit ihrem Verhalten Leib und Leben von mehreren Menschen und fremdes Eigentum (Gegenstände, wie etwa Kleider) zu gefährden. Somit handelten sie zumindest eventualvorsätzlich.

4.4 Bezüglich das Tatbestandsmerkmal der verbrecherischen Absicht gilt Folgendes:

4.4.1 Hinsichtlich des Beschuldigten A. ist aufgrund der vorangehenden Ausführungen zum subjektiven Tatbestand von einem Handeln in verbrecherischer Absicht auszugehen. Zum Motiv führte er an, dass die Zündung aus Spass erfolgt sei. Er zündete den pyrotechnischen Gegenstand aus der Hand und damit in Missachtung der für den «Color Thunder King» vorgesehenen Zündungsweise. Damit sind die Einwände, wonach er dennoch die Kontrolle über den Zündungsvorgang gehabt habe, weil man den Böller in der Hand spüren könne (CAR pag. 7.401.008), nicht zu hören. Dies weil insbesondere auf dem von der Zeugin C. aufgenommenen Video deutlich erkennbar ist, wie sich der Arm des Beschuldigten im Moment der Zündung wohl aufgrund des Rückstosses bewegt und damit von einer Kontrolle über den Vorgang keine Rede sein kann. Zwar gibt er darüber hinaus vor, trotz leichtem Alkoholeinfluss aus seinem Blickfeld «ziemlich die ganze Umgebung gesehen» zu haben. Allerdings will er die gemäss der Videoaufzeichnung von C. wenige Meter von ihm entfernten Personen nicht wahrgenommen haben. Dies spricht neben der Zündung aus der Hand zusätzlich dafür, dass sich der Beschuldigte A. nicht um die Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsmassnahmen, insbesondere der Abstände, gekümmert hatte. Angesichts dieser unsachgemässen Zündungsart und Sprengkraft des verwendeten pyrotechnischen Gegenstands wurden somit keine hinreichenden Vorkehrungen zur Kontrolle, Gefahrenabwehr bzw. -reduktion ergriffen. Der Beschuldigte A. handelte somit in verbrecherischer Absicht, womit der Tatbestand von Art. 224 Abs. 1 StGB erfüllt ist.

4.4.2 In Bezug auf den Beschuldigten B. erscheint dem Gericht Folgendes wesentlich:

4.4.2.1 Diesbezüglich gilt es hervorzuheben, dass es im Sinne des arbeitsteiligen Vorgehens B. den von A. in der Hand gehaltenen pyrotechnischen Gegenstand anzündete. Diesbezüglich sagte er zwar aus, davon ausgegangen, zu sein, dass A. den Böller aus der Hand abfeuern würde, weil er diesen ja in der Hand gehalten habe. Allerdings habe er darauf vertraut, dass A. mit seiner (gemäss eigenen Angaben) grossen Erfahrung im Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen den Vorgang unter Kontrolle haben würde. Dies war jedoch – wie aus dem von C. aufgezeichneten Video hervorgeht (BA pag. 13-02-0037) – nicht der Fall (vgl. supra E. II.2.2). Zudem gestand er, dass er selber die Zündung nicht aus Hand getätigt hätte, weil er von den vom pyrotechnischen Gegenstand ausgehenden Funken und dessen Brennen Angst habe. Auch hätten sie die Art der Zündung (aus der Hand) oder die Zielrichtung im Voraus nicht besprochen. Es ist demnach anzunehmen, dass es zwischen den beiden Beschuldigten kein Einvernehmen über die Zündungsart gab. Entsprechend wusste B. zwar um die von A. gewählte Art der Zündung, vertraute jedoch darauf, dass A. den Vorgang stets unter Kontrolle haben würde. Dass B. die von A. gewählte Art der Zündung gebilligt hätte, ist nicht vollständig erwiesen. Zu seinen Gunsten ist davon auszugehen, dass er die vom Beschuldigten A. durchgeführte Zündung aus der Hand nicht wollte, so dass aus der Perspektive von B. das Verhalten des Kollegen A. einen Exzess darstellt, der ihm nicht zu Last gelegt werden kann. Demzufolge ist die Voraussetzung der verbrecherischen Absicht im Falle des Beschuldigten B. nicht gegeben. Der Tatbestand von Art. 224 Abs. 1 StGB ist somit nicht erfüllt.

4.4.2.2 Zu prüfen ist somit, ob sich der Beschuldigte B. mit seinem Verhalten der vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht hat. Gemäss Art. 225 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich, jedoch ohne verbrecherische Absicht, oder wer fahrlässig durch Sprengstoffe oder giftige Gase Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt. Der objektive Tatbestand sowie das Kriterium des Gefährdungsvorsatzes entsprechen diejenigen von Art. 224 StGB, weshalb integral auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden kann (vgl. supra E. II.3.1, II.3.2.1 sowie II.4.1 ff.). In Bezug auf das Tatbestandsmerkmal «ohne verbrecherische Absicht» ist in Übereinstimmung mit den vorinstanzlichen Ausführungen darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte wusste bzw. zumindest in Kauf nahm, dass sie mit der Zündung des «Color Thunder King» Gesundheit und Eigentum der sich vor allem in ihrer Nähe befindlichen Personen und Eigentum gefährdeten. Er handelte jedoch nicht in verbrecherischer Absicht bzw. es kann ihm eine solche nicht nachgewiesen werden (vgl. supra E. II.4.4.2.1). Der Tatbestand von Art. 225 Abs. 1 StGB ist demnach erfüllt.

4.4.2.3 a) Vorab ist der privilegierte Tatbestand von Art. 225 Abs. 2 StGB zu prüfen. Gemäss Art. 225 Abs. 2 StGB kann in leichten Fällen auf Busse erkannt werden. Ob ein leichter Fall vorliegt, ist anhand der gesamten objektiven und subjektiven Tatumstände zu beurteilen (BGE 127 IV 59 E. 2.a). Im Gegensatz zu Art. 224 Abs. 2 StGB, der sich ausdrücklich nur auf (fremdes) Eigentum bezieht, spricht Art. 225 Abs. 2 StGB von «leichten Fällen». Hieraus folgt, dass eine leichte Gefährdung von Leib oder Leben auch von Art. 225 Abs. 2 StGB erfasst wird. Die entscheidende Frage bei der Beurteilung, ob ein leichter Fall vorliegt, ist primär, was der Täter gewollt oder in Kauf genommen hat. Um auf einen leichten Fall schliessen zu können, darf die Gefährdung für Eigentum sowie für Leib und Leben den Rahmen der Geringfügigkeit nicht überschreiten, wobei leichte Rechtsgutsverletzungen ebenfalls vom Anwendungsbereich des leichten Falls erfasst sein können (vgl. Roelli, a.a.O., Art. 225 StGB N. 7). Konkret bedeutet dies, dass vom Täter lediglich eine geringe Gefährdung bzw. eine leichte Schädigung von Eigentum oder von Leib und Leben beabsichtigt oder in Kauf genommen werden muss.

b)  Die Vorinstanz bejahte den leichten Fall im Sinne von Art. 225 Abs. 2 StGB mit der Begründung, dass weder Sach- noch Personenschäden zu beklagen seien, der tatbestandsmässige «Color Thunder King» im Freien gezündet worden sei und sich der Blitzknallsatz in der Luft entladen habe, was auch bei bestimmungsgemässer Verwendung des betreffenden pyrotechnischen Gegenstandes (Zündung auf festem, ebenem Boden) der Fall gewesen wäre. Die von den Beschuldigten geschaffene konkrete Gefährdung sei damit klar reduziert gewesen. Sodann sei notorisch, dass sich die Druckwelle einer Explosion gewöhnlich kugelförmig vom Detonationspunkt ausbreite und mit zunehmender Distanz an Intensität abnehme. In subjektiver Hinsicht sei festzuhalten, dass die Beschuldigten keinesfalls in der Absicht gehandelt hätten, irgendwelche Verletzungen oder Schäden herbeizuführen.

c)  Diese Begründung der Vorinstanz erscheint angesichts der vorangehend dargestellten Voraussetzungen zur Bestimmung eines leichten Falls als schwer nachvollziehbar. Zunächst gilt es zu unterstreichen, dass die Berücksichtigung des Arguments, es seien weder Sach- noch Personenschäden zu beklagen, der Natur des Gefährdungsdelikts zuwiderläuft. Diesfalls müsste selbst bei einer erheblichen Gefährdung von einem leichten Fall gesprochen werden, sofern dem blossen Zufall geschuldet keinerlei Schädigungen oder Verletzungen eingetreten sind. Nicht nachvollziehbar erscheint zudem auch die von der Vorinstanz vorgenommene Gleichsetzung der Zündung aus der Hand mit der vorschriftsgemässen Verwendung des «Color Thunder King», zumal die annähernde Deckungsgleichheit, welche im Ort der Detonation des Blitzknallsatzes erblickt werden könnte, blossem Zufall geschuldet ist und der Beschuldigte A. nachgewiesenermassen keinerlei Kontrolle über die Umsetzung des pyrotechnischen Gegenstands hatte. Angesichts dessen kann aus der allgemein bekannten Tatsache, dass sich die Druckwelle einer Explosion gewöhnlich kugelförmig vom Detonationspunkt ausbreitet und mit zunehmender Distanz an Intensität abnimmt, nichts abgeleitet werden. In subjektiver Hinsicht lässt die Vorinstanz im Widerspruch zu ihrer eigenen Feststellung, wonach die Beschuldigten bewusst eine gefährliche Situation mit hohem Verletzungspotential geschaffen hatten, unberücksichtigt, dass die Beschuldigten wussten, dass Sicherheitsmassnahmen bestehen, und trotzdem zur Tat schritten. Sie hatten immerhin die Verletzung von zumindest drei Personen in Kauf genommen. Von einem leichten Fall kann bei dieser Konstellation nicht mehr gesprochen werden. Die Voraussetzungen für die Annahme eines leichten Falles im Sinne von Art. 225 Abs. 2 StGB sind beim Beschuldigten B. somit nicht gegeben.

4.5 Im Ergebnis ist der Beschuldigte A. der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB) schuldig zu sprechen. Der Beschuldigte B. hingegen ist der vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 1 StGB) schuldig zu sprechen.

5. Strafzumessung

Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Das Verschulden bestimmt sich gemäss Art. 47 Abs. 2 StGB nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (BGE 136 IV 55 E. 5.4). Dem subjektiven Tatverschulden kommt somit bei der Strafzumessung eine entscheidende Rolle zu (BGE 136 IV 55 E. 5.4). Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat der Richter dieses Verschulden zu bewerten. Er hat im Urteil darzutun, welche verschuldensmindernden und welche verschuldenserhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen. Der Gesetzgeber hat zwar einzelne Kriterien aufgeführt, welche für die Verschuldenseinschätzung von wesentlicher Bedeutung sind und das Tatverschulden vermindern bzw. erhöhen (BGE 136 IV 55 E. 5.5 und 5.6). Das Gesetz führt indes weder alle in Betracht zu ziehenden Elemente detailliert und abschliessend auf, noch regelt es deren exakte Auswirkungen bei der Bemessung der Strafe. Es liegt somit im Ermessen des Gerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Dabei ist es nicht gehalten, in Zahlen oder Prozenten anzugeben, wie es die einzelnen Strafzumessungskriterien berücksichtigt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff.; BGE 134 IV 17 E. 2.1).

5.1 Beschuldigter A.

5.1.1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen (Asperationsprinzip). Es darf doch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Startart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Der Beschuldigte hat zwar mehrere Straftatbestände (Sprengstoffdelikt und BetmG-Delinquenz) verwirklicht. Wie aber nachfolgend zu zeigen sein wird, sind für die begangenen Taten unterschiedliche Strafen auszusprechen, weshalb das Asperationsprinzip nicht zur Anwendung gelangt.

5.1.2 In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die BA gegen das Urteil der Vorinstanz zu Ungunsten des Beschuldigten A. Berufung eingelegt hat, weshalb das Verschlechterungsverbot (vgl. Art. 391 Abs. 2 StPO) vorliegend nicht zur Anwendung kommt (vgl. supra E. I.2).

5.1.3 Der Tatbestand von Art. 224 Abs. 1 StGB droht Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr an. Vorliegend wurde der Beschuldigte A. aufgrund der Umsetzung eines als Sprengstoff einzustufenden, pyrotechnischen Gegenstands der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB) schuldig gesprochen. Wie bereits erwähnt konnte der historische Gesetzgeber beim Erlass dieser Strafbestimmung insbesondere den heuer relativ einfachen Zugang zu pyrotechnischen Gegenständen und deren damit verbundene weite Verbreitung damals nicht voraussehen. In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage nach der Verhältnismässigkeit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe auf, an die das Gericht aufgrund Art. 190 BV aber dennoch gebunden ist. Dies zumal es bei der Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen um zwar ein gefährliches und daher streng reglementiertes Verhalten handelt, aber dennoch von einem grundsätzlich sozialadäquaten Betragen auszugehen ist, sofern die Verwendung rechtmässig und insbesondere sachgerecht erfolgt (vgl. supra E. II.3.2.2.7.b). Der ordentliche Strafrahmen beläuft sich vorliegend von 1 Jahr bis 20 Jahren Freiheitsstrafe (vgl. Art. 40 Abs. 2 StGB).

5.1.4 Bezüglich der objektiven Tatschwere ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte A. mit dieser Aktion mehrere unbeteiligte Menschen an Leib und Leben sowie deren Eigentum (Kleider und mitgeführte Gegenstände) konkret gefährdete. Auch gefährdete er mit seinem Handeln vordergründig seine Begleiter, den Mittäter B. sowie die das Geschehen filmende Zeugin C., selbst wenn im Sinne der vorinstanzlichen Erwägungen von deren Einwilligung ausgegangen werden darf. Die Vorinstanz liess hingegen unberücksichtigt, dass die Zündung in Missachtung der Abstandsregeln sowie der Regeln der korrekten Zündung erfolgte. Das Ausmass der Gefährdung war insgesamt erheblich und eine Verletzung dieser Personen wahrscheinlich. Allerdings ist die relativ geringe Nettoexplosivmasse von ca. 5,4 g (BA pag. 11-03-0001) mit entsprechendem Gefährdungspotential in Relation zu setzen zu weitaus gravierenden Szenarien, wie die Zündung von weit stärkeren, gefährlicheren Sprengstoffen (z.B. Trinitrotoluol [TNT], Nitroglycerin, Semtex, etc.) sowie grösseren, gefährlicheren Sprengstoffmengen. Zudem erfolgte die unsachgerechte Zündung im Freien. Es ist dennoch nur dem glücklichen Zufall zu verdanken, dass aufgrund der unkontrollierten Zündung aus der Hand und der Missachtung der Sicherheitsvorkehrungen niemand verletzt wurde bzw. bleibenden Schäden davontrug. Das objektive Tatverschulden erweist sich entgegen der vorinstanzlichen Erwägungen damit nicht mehr als sehr leicht, sondern ist im leichten Bereich anzusiedeln. Bezüglich des subjektiven Tatverschuldens ist darauf hinzuweisen, dass das Verhalten des Beschuldigten A. hinsichtlich der Gefährdung vom Eventualvorsatz getragen war und er in verbrecherischer Absicht in der Form des Eventualvorsatzes handelte. Er wusste, dass beim Abfeuern eines derartigen «Böllers» ein Sicherheitsabstand einzuhalten war. Gerade der Umstand, dass er sich trotz seiner – gemäss eigenen Angaben – grossen Erfahrung im Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen über die bei der Zündung zu beachtenden Regeln und Sicherheitsvorschriften hinwegsetzte (nicht ausreichender Abstand und Abfeuern aus der Hand insbesondere) wirkt sich zusätzlich zu seinen Ungunsten aus. Dabei zeigte er auch die Bereitschaft, seine Begleiter an diesem Abend, den Mittäter B. sowie die das Geschehen filmende Zeugin C., zu gefährden. Dass der Beschuldigte A. im Moment der Manipulation alkoholisiert war, wirkt zudem keinesfalls entschuldigend. Seine Steuerungsfähigkeit war im Zeitpunkt des Vorfalls nicht derart eingeschränkt, als dass er nicht mehr um die Gefährlichkeit seines Tuns gewusst hätte. Es wäre für ihn insgesamt ein Leichtes gewesen, bei der Zündung die Mindestabstände einzuhalten oder den «Color Thunder King» gerade nicht in einem Messebereich zu zünden, wo erfahrungsgemäss ein grosser Menschenandrang herrscht. Insgesamt ist das subjektive Tatverschulden entsprechend dem Befund der Vorinstanz als leicht zu qualifizieren. In Würdigung der objektiven und subjektiven Tatkomponenten und angesichts der zwingenden Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe erscheint eine Einsatzstrafe von zwölf Monaten Freiheitsstrafe dem Verschulden des Beschuldigten A. angemessen.

5.1.5 Der Tatbestand von Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG droht Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe an. Bezüglich des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz ist in objektiver Hinsicht anzumerken, dass es sich bei der «Dealer»-Tätigkeit des Beschuldigten A. um eine verhältnismässig geringfügige Umschlagsmenge handelte und der Verkauf nicht kommerziell angelegt war, sondern vielmehr im erweiterten Freundeskreis stattgefunden zu haben scheint. Hieraus resultiert eine bloss leichte Gefährdung des Rechtsguts der öffentlichen Gesundheit. Sowohl Verwerflichkeit des Handelns als auch Art der Tatausführung sprechen für eine geringfügige objektive Tatschwere. Der Beschuldigte A. gab denn auch zu Protokoll, hierdurch keinerlei Gewinn erzielt zu haben. Die Willensrichtung des Beschuldigten kann nicht als besonders verwerflich bezeichnet werden, gab er doch zu Protokoll, lediglich aus Zeitvertreib und Langeweile mit Betäubungsmitteln gehandelt zu haben (BA pag. 13-01-0005; -0033). Dies bedeutet andererseits, dass es dem Beschuldigten A. ein Leichtes gewesen wäre, von der Tat abzusehen – war er doch offensichtlich nicht auf einen Zusatzverdienst angewiesen. Nicht zuletzt auf Grund der geringen Intensität des deliktischen Willens ist auch das subjektive Tatverschulden als im unteren Bereich zu werten. Im Ergebnis erscheint eine Einsatzstrafe von 20 Tagessätzen (wie von der Vorinstanz angenommen) für das sehr leichte Tatverschulden angemessen.

5.1.6 In Bezug auf die Täterkomponente ist festzuhalten, dass der Beschuldigte A. 23-jährig, ledig und alleinstehend ist (CAR pag. 6.401.002). Mit seiner Tätigkeit als […] erzielt er ein monatliches Bruttoeinkommen von Fr. 4'800.00 (CAR pag. 7.401.002 f.). Der monatliche Mietzins beträgt Fr. 1'350.00 (CAR pag. 7.401.004), die Krankenkassenprämien knapp Fr. 270.00 (CAR pag. 6.401.004). Seine Schulden bei zwei Privatpersonen von gesamthaft Fr. 15'000.00 (CAR pag. 6.401.004) amortisiere er mit monatlichen Raten à Fr. 300.00 bis 500.00 (CAR pag. 7.401.004). Für den auf seine Mutter eingelösten […] leistet er monatliche Leasingraten im Betrag von Fr. 756.50 (CAR pag. 6.401.003 sowie 7.401.003 f.). Der vermögenslose Beschuldigte A. weist keine Vorstrafen vor (CAR pag. 6.401.003; 006). Er hat als sozial integriert zu gelten und weist keine besondere Strafempfindlichkeit auf. Die vorliegend auszufällende Strafe wirkt sich auf sein Leben nicht in besonderer, im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigender Weise aus – scheinbar auch nicht auf die aktuelle berufliche Situation (TPF pag. 2.731.007 f.). Sein Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sind insgesamt neutral zu würdigen. Der Beschuldigte legte noch am Tatort ein Geständnis ab und zeigte sich während der Strafuntersuchung durchschnittlich kooperativ. Allerdings zeigte er kaum Einsicht und Reue für die begangenen Taten und sieht sich durch die Staatsanwaltschaft Graubünden erneut mit dem Vorwurf des Betäubungsmittelhandels (wobei es sich diesmal um Kokain statt «nur» Marihuana handeln soll) konfrontiert (CAR pag. 6.401.006). Die Berücksichtigung von laufenden Strafuntersuchungen zulasten des Beschuldigten ist gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich nicht zulässig, da dem Beschuldigten andernfalls unbewiesene Tatsachen unterstellt würden. Gemäss Art. 10 Abs. 1 StPO gilt die beschuldigte Person bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig (Urteil des Bundesgerichts 6B_54/2018 vom 28. November 2018 E. 1.4.4). Hiervon ausgenommen sind Strafuntersuchungen, in welchen der noch nicht abgeurteilte Sachverhalt ordnungsgemäss nachgewiesen ist, so dass dessen Unrechtsgehalt abgeschätzt werden kann (Urteil des Bundesgerichts 6P.243/2006 vom 7. Juni 2007 E. 6.2; Wiprächtiger/Keller, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 47 StGB N. 136; Queloz/Mantelli-Rodriguez, Commentaire romand, 2. Aufl. 2021, Art. 47 StGB N. 57). Vorliegend ist der Beschuldigte in der von der Staatsanwaltschaft Graubünden gegen ihn geführten Strafuntersuchung betreffend die wesentlichen Sachverhaltselemente geständig (CAR pag. 6.401.104 ff.). Dieses Geständnis führt dazu, dass im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung trotz der Unschuldsvermutung von einem für das vorliegende Verfahren negativen Nachtatverhalten (Einsicht, Reue und Wohlverhalten) ausgegangen werden kann. Die BetmG-Delinquenz während laufender Strafuntersuchung ist damit im Zusammenhang mit dem unangefochten gebliebenen Schuldspruch wegen Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) deliktspezifisch leicht straferhöhend zu berücksichtigen. Ansonsten wirken sich die Täterkomponenten neutral auf die Strafzumessung aus.

5.1.7 Das Beschleunigungsgebot verpflichtet die Behörden, ein Strafverfahren mit der gebotenen Beförderung zu behandeln, nachdem die beschuldigte Person darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Sie soll nicht länger als notwendig den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt sein. Ob sich die Dauer als angemessen erweist, ist in jedem Einzelfall unter Würdigung aller konkreten Umstände zu prüfen (BGE 143 IV 373 E. 1.3.1 m.w.H.). Das vorliegende Verfahren war weder komplex noch aufwändig. Dennoch kam das vorliegende Verfahren teilweise fast zum Erliegen, sind doch mehrere Monate andauernde Zeitabschnitte feststellbar, in welchen keine Verfahrenshandlung oder Beweisabnahmen erfolgt sind. Die bisherige Verfahrensdauer von knapp viereinhalb Jahren, wofür fast dreieinhalb Jahre für die Durchführung des Vorverfahrens aufgewendet wurden, erscheint daher als nicht mehr vertretbar. Da der Schuldspruch wegen Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG) vorliegend unangefochten ist, betrifft die überlange Verfahrensdauer primär das Sprengstoffdelikt. Dementsprechend ist die gegen den Beschuldigten A. im Hinblick auf die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB) ausgesprochene Freiheitsstrafe von 12 Monaten um ein Sechstel auf 10 Monate zu reduzieren.

5.1.8 In Würdigung sämtlicher Strafzumessungsfaktoren erweist sich eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten sowie eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen als dem Verschulden des Beschuldigten A. angemessen.

5.1.9 Ein Tagessatz beträgt in der Regel mindestens 30 und höchstens 3000 Franken. Ausnahmsweise, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters dies gebieten, kann der Tagessatz bis auf 10 Franken gesenkt werden. Das Gericht bestimmt die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils, namentlich nach Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfälligen Familien- und Unterstützungspflichten sowie nach dem Existenzminimum (Art. 34 Abs. 2 StGB). Der erzielt Beschuldigte derzeit ein Einkommen von Fr. 4'800.00 (CAR pag. 7.401.002 f.). Gegen ihn liegt eine Betreibung im Betrag von Fr. 314.40 vor (CAR pag. 6.401.016). Angesichts dieser finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten erscheint die Tagessatzhöhe von Fr. 40.00 angemessen.

5.1.10 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). Materiell ist demnach das Fehlen einer ungünstigen Prognose vorausgesetzt, womit praxisgemäss auf das Fehlen von Anhaltspunkten für eine Wiederholungsgefahr abgestellt wird (BGE 134 IV 60 E. 7.2). Diesbezüglich ist festzustellen, dass keine zwingenden Gründe ersichtlich sind, um vom gesetzlich verankerten Regelfall der bedingten Strafe abzuweichen. Mit Erkennung auf Freiheitsstrafe im Hinblick auf die Verurteilung wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB) ist der Zielsetzung der unbedingten Strafe, den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten, vorliegend bereits hinreichend gedient, sodass eine unbedingte Strafe auch diesbezüglich nicht notwendig erscheint. Der von der Vorinstanz vorgesehene bedingte Aufschub der Strafe unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren ist dementsprechend auch für die vorliegend festgelegten Strafen zu bestätigen.

5.1.11 Zusammenfassend wird der Beschuldigte A. mit 10 Monaten Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen à Fr. 40.00 bestraft, beides bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren.

5.2 Beschuldigter B.

5.2.1 Vorab ist in Bezug auf den Beschuldigten B. ebenfalls daran zu erinnern, dass die BA gegen das Urteil der Vorinstanz zu seinen Ungunsten Berufung eingelegt hat, weshalb das Verschlechterungsverbot (vgl. Art. 391 Abs. 2 StPO) vorliegend nicht zur Anwendung kommt (vgl. supra E. I.2).

5.2.2 Der Tatbestand von Art. 225 Abs. 1 StGB droht Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre oder Geldstrafe an. Der ordentliche Strafrahmen beläuft sich somit von 3 Tagen Geldstrafe bis 5 Jahre Freiheitsstrafe. Im Gegensatz zu Art. 224 Abs. 1 StGB gilt es im Zusammenhang von Art. 225 Abs. 1 StGB somit keine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe zu beachten.

5.2.3 Die Beschuldigten sind bei der Tatbegehung arbeitsteilig und daher wie Mittäter vorgegangen. Bezüglich der objektiven Tatschwere kann daher grundsätzlich auf die Ausführungen zum Beschuldigten A. verwiesen werden (vgl. supra E. II.5.1.4). In Bezug auf das subjektive Tatverschulden ist darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte B. zwar nicht in verbrecherischer Absicht handelte, sein Verhalten jedoch hinsichtlich der Gefährdung dennoch vom Eventualvorsatz getragen war. Er räumte ein, dass die Aktion «doof» gewesen sei (BA pag. 13-02-0002). Gerade sein Bewusstsein für die zusätzliche Gefährlichkeit der Zündung eines solchen Böllers im Rahmen einer Messeveranstaltung wirkt sich zusätzlich belastend aus. Ausserdem war ihm trotz Vertrauen auf die angeblichen Fähigkeiten des Beschuldigten A. bewusst, dass jener den «Color Thunder King» nicht sachgemäss zündete (nicht ausreichender Abstand und Abfeuern aus der Hand insbesondere). Dass er im Tatzeitpunkt alkoholisiert war, wirkt keinesfalls entschuldigend. Seine Steuerungsfähigkeit war im Zeitpunkt des Vorfalls nicht derart eingeschränkt, als dass er nicht mehr um die Gefährlichkeit seines Tuns gewusst hätte. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen, den fraglichen «Color Thunder King» gerade nicht im Rahmen einer Messeveranstaltung mit vielen Besuchern in der Hand des Mitbeschuldigten A. zu zünden. Im Ergebnis ist auch dem Beschuldigten B. entgegen der diesbezüglichen Erkenntnis der Vorinstanz in objektiver Hinsicht leichtes und in subjektiver Hinsicht nicht mehr leichtes Tatverschulden vorzuwerfen. In Würdigung der objektiven und subjektiven Tatkomponenten erscheint eine Einsatzstrafe von 8 Monaten Freiheitsstrafe dem Verschulden des Beschuldigten B. angemessen.

5.2.4 In Bezug auf die Täterkomponente ist festzuhalten, dass der Beschuldigte B. 23-jährig ist. Er ist ledig, lebt noch bei seinen Eltern und bezahlt ihnen einen monatlichen Mietzins von Fr. 500.00 (CAR pag. 6.402.009, 6.402.011 sowie TPF pag. 2.732.002). Er arbeitet als […] und seit neustem auch als Lehrmeister (CAR pag. 6.402.009 sowie 7.402.002). Er erzielet ein monatliches Einkommen von Fr. 4'300.00, seine Krankenkassenprämien belaufen sich auf monatlich Fr. 240.00. Er fährt einen […] im Wert von Fr. 9'000.00 und leistet monatliche Amortisationen im Umfang von Fr. 400.00 zwecks Tilgung eines Auto-Kredits. Im Übrigen verfügt er über ein Vermögen von Fr. 3'500.00 bis Fr. 4'000.00 sowie Schulden im Betrag von Fr. 8'250.00 (CAR pag. 6.402.010 f.). Im Betreibungsregister ist er nicht verzeichnet. Auch der Beschuldigte B. delinquierte während laufender Strafuntersuchung: Er wurde gemäss aktuellem Strafregisterauszug mit Strafmandat des Untersuchungsamts St. Gallen vom 9. Juli 2021 wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand (i.S.v. Art. 91 Abs. 2 lit. a SVG) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 400.00 verurteilt (CAR pag. 6.402.014). Die Delinquenz während laufender Strafuntersuchung ist ein Beleg dafür, dass sich der Beschuldigte nach der Tat nicht wohl verhalten hat, und wirkt sich leicht straferhöhend aus. Der Beschuldigte B. ist sozial integriert. Er weist keine besondere Strafempfindlichkeit auf. Die vorliegend auszufällende Strafe wirkt sich auf sein Leben nicht in besonderer, im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigender Weise aus – auch nicht im Zusammenhang mit seiner beruflichen Situation. So wirkt doch die von ihm vorgebrachte Rüge, wonach er seine Weiterbildung wegen den Auswirkungen des vorliegenden Strafverfahrens auf einen allfälligen Militärdienst nicht planen könne (CAR pag. 7.402.003) entgegen der vorinstanzlichen Erkenntnis als vorgeschoben. Der Beschuldigte B. legte noch am Tatort ein Geständnis ab und zeigte sich während der Untersuchung und dem anschliessenden gerichtlichen Strafverfahren kooperativ. Allerdings zeigte er insgesamt nur wenig Einsicht und Reue für die von ihm begangene Tat.

5.2.5 Insgesamt erweist sich in Würdigung der Tat- und Täterkomponenten eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten als dem Verschulden des Beschuldigten B. angemessen.

5.2.6 Wie für den Beschuldigten A. erscheint es auch im Hinblick auf den Beschuldigten B. ebenfalls angebracht aufgrund derselben Überlegungen zur überlangen Verfahrensdauer (vgl. supra E. II.5.1.7) die gegen den Beschuldigten B. im Hinblick auf die Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 1 StGB) ausgesprochene Freiheitsstrafe von 9 Monaten um ein Sechstel auf 7.5 Monate zu reduzieren.

5.2.7 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). Materiell ist demnach das Fehlen einer ungünstigen Prognose vorausgesetzt, womit praxisgemäss auf das Fehlen von Anhaltspunkten für eine Wiederholungsgefahr abgestellt wird (BGE 134 IV 60 E. 7.2). Diesbezüglich ist festzustellen, dass keine zwingenden Gründe ersichtlich sind, um vom gesetzlich verankerten Regelfall der bedingten Strafe abzuweichen. Mit Erkennung auf Freiheitsstrafe im Hinblick auf die Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 1 StGB) ist der Zielsetzung der unbedingten Strafe, den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten, vorliegend bereits hinreichend gedient, sodass eine unbedingte Strafe auch diesbezüglich nicht notwendig erscheint. Dem Verschulden entsprechend erachtet das Gericht eine Probezeit von zwei Jahren als angezeigt.

5.2.8 Im Ergebnis wird der Beschuldigte B. mit 7.5 Monaten Freiheitsstrafe bestraft, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren.

6. Kosten und Entschädigungen

6.1 Rechtliches

6.1.1 Bemessungsgrundsätze für Gerichtsgebühren

6.1.1.1 Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO). Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO). Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO).

6.1.1.2 Nach Art. 424 Abs. 1 StPO regeln Bund und Kantone die Berechnung der Verfahrenskosten und legen die Gebühren fest. Der Bund hat dies im StBOG beziehungsweise im Reglement des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren (BStKR, SR 173.713.162) getan. Laut Art. 73 Abs. 1 StBOG regelt das Bundesstrafgericht durch Reglement die Berechnung der Verfahrenskosten (lit. a), die Gebühren (lit. b), die Entschädigungen an Parteien, die amtliche Verteidigung, den unentgeltlichen Rechtsbeistand, Sachverständige sowie Zeuginnen und Zeugen (lit. c). Die Gebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien sowie nach dem Kanzleiaufwand (Art. 73 Abs. 2 StBOG; vgl. Art. 5 BStKR). Nach Art. 73 Abs. 3 StBOG gilt ein Gebührenrahmen von Fr. 200.00 bis Fr. 100'000.00 für jedes der folgenden Verfahren: Vorverfahren, erstinstanzliches Verfahren, Rechtsmittelverfahren (vgl. ferner Art. 6-7bis BStKR).

6.1.1.3 Die Verfahrenskosten umfassen Art. 1 Abs. 1 BStKR zufolge die Gebühren und Auslagen. Die Gebühren sind für die Verfahrenshandlungen geschuldet, die im Vorverfahren von der Bundeskriminalpolizei und von der BA, im erstinstanzlichen Hauptverfahren von der Strafkammer, im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren von der Berufungskammer und in Beschwerdeverfahren gemäss Art. 37 StBOG von der Beschwerdekammer durchgeführt oder angeordnet worden sind (Art. 1 Abs. 2 BStKR). Die Auslagen umfassen die vom Bund vorausbezahlten Beträge, namentlich die Kosten für die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Verbeiständung, Übersetzungen, Gutachten, Mitwirkung anderer Behörden, Porti, Telefonspesen und andere entsprechende Kosten (Art. 1 Abs. 3 BStKR). Die Auslagen werden entsprechend den dem Bund verrechneten oder von ihm bezahlten Beträgen festgelegt (Art. 9 Abs. 1 BStKR).

6.1.2 Bemessungsgrundsätze für die Entschädigung der amtlichen Verteidigung

6.1.2.1 Gemäss Art. 135 Abs. 2 StPO legt das urteilende Gericht die Entschädigung der amtlichen Verteidigung am Ende des Verfahrens fest. Die Kosten für die amtliche Verteidigung gelten als Auslagen und zählen zu den Verfahrenskosten (Art. 422 Abs. 2 lit. a StPO). Nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO hat die beschuldigte Person, welche zu den Verfahrenskosten verurteilt wird, dem Bund die Entschädigung der amtlichen Verteidigung zurückzuzahlen, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

6.1.2.2 Die Berechnung der Entschädigung der amtlichen Verteidigung im Bundesstrafverfahren erfolgt nach Art. 11 BStKR. Die Anwaltskosten umfassen das Honorar und die notwendigen Auslagen, namentlich für Reise, Verpflegung und Unterkunft sowie Porti und Telefonspesen (Art. 11 Abs. 1 BStKR). Das Honorar wird nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand des Verteidigers bemessen. Der Stundenansatz beträgt mindestens Fr. 200.00 und höchstens Fr. 300.00 (Art. 12 Abs. 1 BStKR). Bei Fällen im ordentlichen Schwierigkeitsbereich, d.h. für Verfahren ohne hohe Komplexität und ohne Mehrsprachigkeit, beträgt der Stundenansatz gemäss ständiger Praxis der Straf- und Berufungskammer Fr. 230.00 für Arbeitszeit und Fr. 200.00 für Reise- und Wartezeit (vgl. Beschluss der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts BK.2011.21 vom 24. April 2012 E. 2.1; Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SN.2011.16 vom 5. Oktober 2011 E. 4.1; Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts CA.2019.24 vom 5. Juni 2020 E. 5.1.4). Die Auslagen werden im Rahmen der Höchstansätze aufgrund der tatsächlichen Kosten vergütet (Art. 13 BStKR). Gemäss Art. 14 BStKR kommt die Mehrwertsteuer zum Honorar und zu den Auslagen hinzu.

6.2 Kosten des Berufungsverfahrens

6.2.1 Gerichtsgebühr

Vorliegend werden die Beschuldigten weitestgehend im Sinne der Anträge der BA zu schwereren Strafen verurteilt und unterliegen entsprechend. Die Kosten des Berufungsverfahrens bestehen vorliegend aus einer Gerichtsgebühr, die im Lichte der erwähnten Grundsätze auf Fr. 3'000.00 (inkl. Auslagen; vgl. Art. 73 Abs. 1 lit. a und b sowie Abs. 3 lit. c StBOG; Art. 1, 5, 7bis und 9 BStKR) festgelegt und je zur Hälfte, d.h. jeweils im Betrag von Fr. 1'500.00, den Beschuldigten auferlegt wird.

6.2.2 Entschädigung der Verteidigung

6.2.2.1 Entschädigung der erbetenen Verteidigung des Beschuldigten A.

Dem erbeten verteidigten Beschuldigten A. ist für das Berufungsverfahren bei diesem Ausgang (Schuldspruch für qualifizierte Tatbestandsvariante gemäss Art. 224 Abs. 1 StGB) keine Parteientschädigung auszuzahlen (Art. 429 Abs. 1 StPO e contrario).

6.2.2.2 Entschädigung der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten B.

a)  Mit Verfügung vom 18. Juni 2020 setzte die BA Rechtsanwalt Stephan Mullis als amtlichen Verteidiger des Beschuldigten B. (Art. 130 lit. b StPO i.V.m. Art. 131 Abs. 1 StPO sowie Art. 133 StPO) mit Wirkung ab 10. Juni 2020 ein (BA pag. 16-02-0007 f.). Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung wurde Rechtsanwalt Stephan Mullis durch Rechtsanwalt Andrea Caroni substituiert (TPF pag. 2.720.002). Die von Rechtsanwalt Mullis wahrgenommene amtliche Verteidigung des Beschuldigten B. wurde mit Schreiben vom 25. Januar 2022 für das Berufungsverfahren bestätigt (CAR pag. 2.100.001 f.) bzw. diese mit Verfügung der Vorsitzenden vom 1. Februar 2022 nach Art. 134 Abs. 2 StPO antragsgemäss auf Rechtsanwalt Andrea Caroni übertragen (CAR pag. 3.103.003 f.). Das von Rechtsanwalt Caroni geltend gemachte Honorar von total Fr. 6'433.40 inkl. MWST (CAR pag. 7.300.048 ff.) erweist sich als angemessen. Demzufolge ist Rechtsanwalt Andrea Caroni eine Entschädigung von insgesamt Fr. 6'433.40 (inkl. MWST) zuzusprechen.

b)  Wird die beschuldigte Person zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilt, so ist sie gemäss Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO verpflichtet, der Vollzugsbehörde die Entschädigung der amtlichen Verteidigung zurückzubezahlen, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Wurde die amtliche Verteidigung gestützt auf Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO angeordnet, obwohl die beschuldigte Person über die erforderlichen Mittel zur Bezahlung einer Verteidigung verfügt hätte, erlauben es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse grundsätzlich sofort, sie nach Beendigung des Verfahrens zur Rückerstattung der Kosten der amtlichen Verteidigung zu verpflichten (Ruckstuhl, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 135 StPO N. 23). Im vorliegenden Verfahren wurde die amtliche Verteidigung gestützt auf Art. 130 lit. b i.V.m. Art. 131 Abs. 1 StPO sowie Art. 133 StPO angeordnet (vgl. supra E. II.6.2.2.2.a). Dem Beschuldigten B. wurde im vorliegenden Fall von notwendiger Verteidigung die amtliche Verteidigung gewährt, obgleich er von seinem Wahlrecht nach Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO Gebrauch gemacht hatte. Er wäre finanziell ohne Weiteres dazu in der Lage, in Anbetracht seiner im Verhältnis zu seinem Einkommen relativ niedrigen Ausgaben diese Verteidigerkosten selbst zu tragen (vgl. supra E. II.5.2.4). Angesichts dessen ist er in Anwendung von Art. 135 Abs. 4 StPO dazu zu verpflichten, der Eidgenossenschaft das Rechtsanwalt Caroni zu entrichtende Honorar für seine Leistungen im Berufungsverfahren ohne Aufschub vollumfänglich zurückzuerstatten.

6.3 Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens

6.3.1 Gerichtsgebühr

Die Rechtsmittelinstanz fällt vorliegend einen neuen Entscheid, mit welcher die vorinstanzlichen Schuldsprüche gegen die Beschuldigten weitestgehend entsprechend den Anträgen der BA strenger ausfallen. Dementsprechend ist die von der Vorinstanz angeordnete Kostenauflage einer Überprüfung zu unterziehen (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die Vorinstanz setzte die Kosten für das Vorverfahren und das erstinstanzliche Verfahren insgesamt auf Fr. 8'802.85 fest, was vorliegend nicht zu beanstanden ist. Da nicht die Beschuldigten die schriftliche Urteilsbegründung verlangten, reduziert sich die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.00 entsprechend den Anordnungen der Vorinstanz um die Hälfte bzw. um Fr. 750.00. Damit belaufen sich die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens auf Fr. 8'052.85 (bestehend aus Gebühren für das Vorverfahren von Fr. 7'206.95, der reduzierten Gebühr für das erstinstanzliche Verfahren von Fr. 750.00 sowie die Auslagen des erstinstanzlichen Gerichts von Fr. 95.90). Hiervon sind die Auslagen der Strafverfolgungsbehörden St. Gallen in der Höhe von Fr. 1'056.95 betreffend den Beschuldigten A. sowie von Fr. 150.00 betreffend den Beschuldigten B. dem jeweiligen Beschuldigten aufzuerlegen. Der Restbetrag in der Höhe von Fr. 6'845.90 ist je zur Hälfte den Beschuldigten aufzuerlegen. Im Ergebnis sind die Kosten für die vorangehenden Verfahren von insgesamt Fr. 8'052.85 im Umfang von Fr. 4'479.90 vom Beschuldigten A. und im Umfang von Fr. 3'572.95 vom Beschuldigten B. zu tragen. Entgegen dem Befund der Vorinstanz sind beide Beschuldigten angesichts ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. supra E. II.5.1.6 sowie II.5.2.4) dazu in der Lage, die Kosten der vorangehenden Verfahren im vollen Umfang zu entrichten. Hingegen erscheint die Anordnung einer solidarischen Haftung zulasten der Beschuldigten, wie sie die BA gestützt auf Art. 418 Abs. 2 StPO verlangt, mit Blick auf dieselben finanziellen Verhältnisse nicht mehr vertretbar.

6.3.2 Entschädigung der Verteidigung

6.3.2.1 Entschädigung der erbetenen Verteidigung des Beschuldigten A.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt es sich nicht mehr, dem Beschuldigten A. eine hälftige Entschädigung in der Höhe von Fr. 5'099.00 zuzusprechen. Ausgangsgemäss ist ihm keine Parteientschädigung für die Leistungen seiner erbetenen Verteidigung im vorinstanzlichen Verfahren zuzusprechen (Art. 429 Abs. 1 StPO e contrario).

6.3.2.2 Entschädigung der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten B.

Im Lichte derselben Überlegungen, welche zuvor festgehalten wurden (vgl. supra E. II.6.2.2.2), und unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs erscheint es angezeigt, den Beschuldigten B. dazu zu verpflichten, der Eidgenossenschaft für die Entschädigung seiner amtlichen Verteidigung für deren Leistungen im erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von Fr. 8'735.55 (inkl. MWST) ohne Aufschub vollumfänglich Ersatz zu leisten (Art. 135 Abs. 4 StPO).

Die Berufungskammer erkennt:

I. Feststellung der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils

Es wird festgestellt, dass das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts SK.2021.39 vom 16. Dezember 2021 bezüglich der Dispositiv-Ziffer I.1, zweiter Spiegelstrich (Schuldspruch gegen A. wegen Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz [Art. 19 Abs. 1 lit. c BetmG]), Dispositiv-Ziffern I.4 sowie II.3 (Bestimmung des Vollzugskantons) und Dispositivziffer IV (Beschlagnahmte Gegenstände) in Rechtskraft erwachsen ist.

II. Berufungsentscheid betreffend A.

1. A. wird der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht (Art. 224 Abs. 1 StGB) schuldig gesprochen.

2. A. wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten und einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen à Fr. 40.00, beides bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren.

III. Berufungsentscheid betreffend B.

1. B. wird der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht (Art. 225 Abs. 1 StGB) schuldig gesprochen.

2. B. wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 7.5 Monaten, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren.

IV. Verfahrenskosten

Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens:

1. Von den Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 8'052.85 (bestehend aus Gebühren für das Vorverfahren von Fr. 7'206.95, der reduzierten Gebühr für das erstinstanzliche Verfahren von Fr. 750.00 sowie die Auslagen des erstinstanzlichen Gerichts von Fr. 95.90) werden A. Fr. 4'479.90 und B. Fr. Fr. 3'572.95 auferlegt.

2. A. wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

3. Rechtsanwalt Stephan Mullis wird für die amtliche Verteidigung von B. durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 8'735.55 (inkl. MWST) entschädigt.

B. hat der Eidgenossenschaft hierfür Ersatz zu leisten.

Kosten des Berufungsverfahrens:

1. Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 3'000.00 werden A. und B. je zur Hälfte, d.h. im Umfang von je Fr. 1'500.00 auferlegt.

2. A. wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

3. Rechtsanwalt Andrea Caroni wird für die amtliche Verteidigung von B. durch die Eidgenossenschaft mit Fr. 6'433.40 (inkl. MWST) entschädigt.

B. hat der Eidgenossenschaft hierfür Ersatz zu leisten.

V. Den Parteien wird das Urteilsdispositiv schriftlich eröffnet. Das schriftlich begründete Urteil wird den Parteien später zugestellt.

Im Namen der Berufungskammer

des Bundesstrafgerichts

Die Vorsitzende                                                                Der Gerichtsschreiber

Andrea Blum                                                                     Ömer Keskin

Zustellung an (Gerichtsurkunde):

- Bundesanwaltschaft, Frau Staatsanwältin des Bundes Sabrina Beyeler

- Herrn Rechtsanwalt Andrea Caroni

- Herrn Rechtsanwalt Enrico Mattiello

Kopie an (brevi manu):

- Bundesstrafgericht, Strafkammer

Nach Eintritt der Rechtskraft Zustellung an:

- Bundesanwaltschaft, Urteilsvollzug und Vermögensverwaltung

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an das Bundesgericht

Dieses Urteil kann innert 30 Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung mit Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht angefochten werden. Das Beschwerderecht und die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in den Art. 78-81 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG) geregelt. Die begründete Beschwerdeschrift ist beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.

Gemäss Art. 48 Abs. 1 und 2 BGG müssen Eingaben spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden. Im Falle der elektronischen Einreichung ist für die Wahrung einer Frist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind.

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